Tuono 1100 Factory - Update I + II +III

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TH41

fühlt sich wohl hier...
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Mit frischen Eindrücken von der Strasse schreibe ich ein kurzes Update - für die alten Hasen zur Unterhaltung, für die Markenwechsler oder in der Kaufentscheidungsphase gefangenen als Feedback.

(Nur kurz, denn ich bin gedanklich voll im (unnötigen?) Optimierungswahn (zum x-ten Mal und ich genieße jede Sekunde in vollen Zügen! - Kleinigkeiten sind erledigt, für wichtige Entscheidungen fehlen mir noch viele Fahreindrücke, die ich mir erst nach der Einfahrphase angucken kann. Davon später mehr...).

Die ersten 620km fast ausschließlich Landstraße zeichnen ein erfreuendes Bild der Tuono Factory im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, einer scharf gemachten MV Agusta Brutale 910R. Das überwiegend sehr langsame Einfahren (wiederholter Koitus Interruptus am Drehmomentmax) liess sich gut zum Sammeln von Eigenschaften, die zwar erst im Zusammenspiel mit frei benutzbarem Motor wirklich auf ihr Design getestet werden, aber auch beim momentanen Einsatz erfahren werden können, nutzen.

Das Motorrad ist erwachsen, es fühlt sich für mich mit 1,76cm, 82kg seriös an, Gewicht etwas über 200kg - merkt man beim Rangieren und beim Einlenken (aber mein letzter Eindruck ist auch die gleichschwere, aber kürzere, steilere brettharte und hypernervöse Brutale). Die Tuono lenkt im Vergleich schön neutral ein, präzise wird die Schräglage angewählt und mühelos gehalten. Der 200er hinterlässt ein seitliches Rollgefühl wie eine F16 aus Top Gun - einfach cool. Es geht auch flink, wenn ich am Lenker ziehe. Ergonomie zurückhaltend sportlich, aber kommod, ich habe Platz zum Turnen oder fläzen. Druck auf den Handgelenken vermutlich wenn man etwas länger ist, bei mir nicht. Hier hatte die Brutale (Gott hab sie selig!) dank MR-Anlage eher gepasst wie ein teurer Golfhandschuh - fest integriert, kompakt, sportlich, aggressiv. Allerdings für meine Größe, denn man hat von Größeren vollkommen zu recht auch schon das Gegenteil gehört (Knie klemmt unterm Tank, Affe auf dem Schleifstein, etc...). Die gewonnene Freiheit auf der Aprilia wird durch den Sitz "auf" der Maschine, der eben trotz gemütlichen Kniewinkels doch Gefühl für das Vorderrad zulässt, positiv erweitert. Im entscheidenden Moment war die Brutale ein kleines bisschen unflexibler in der Sitzposition, obwohl sich das nur im direkten Vergleich mit der flinken Tuono so anfühlt.

Das Fahrwerk passt für die aktuelle Anforderung locker, Gabel taucht etwas ab, aber bügelt kleinere Unebenheiten auf der Hausstrecke glatt und legt über größere einen sämigen Boxhandschuh. Öhlins taugt eben auch für die Landstrasse und es geht hier halt nicht um reine Performance, sondern den Kompromiss aus ihr und Komfort - gut gemacht in diesem Fahrwerk und eine neue Erfahrung für mich! Mal sehen, ob nach der Einfahrphase zu dieser Einschätzung viel neues hinzukommt.

Bremsen kann ich noch nichts wichtiges zu sagen, funktionieren beim Cruisen, gewöhnungsbedürftig: erst Leerweg, dann softer Druckpunkt, den man mit Übung bestimmt besser trifft als ich momentan. Ich bin seit ewig einen direkt anliegenden harten Druckpunkt gewöhnt, so dass ich mich auf der Tuono überwinden muss, den Hebelweg zum Druckpunkt zu machen und dort dann mit der Dosierung hadere. Andere Ex-Sportler werden vermutlich ähnliches feststellen. Umsteiger von einem konventionellen Naked Bike (kein Supersportler-Derivat) oder (Sport)-Tourer werden dieses System lieben, weil sie es ohne Umgewöhnung bedienen können und eine Offenbarung erleben hinsichtlich der wenigen Handkraft, die für eine starke Bremskraft notwendig ist. Die Verzögerung ist sehr gut, fast zu gut für den weichen Druckpunkt. Die serienmäßigen Brembo-Monoblocks sind, jedenfalls beim zügigen Landstrasseneinsatz über jeden Zweifel erhaben.

OPTIK - ganz vergessen, obwohl sie den ganzen Tag im Kopf rumhängt wie Heidi Klum (sorry keine Italienerin...) im Jahr 2000 - frisch, aufdringlich, perfekte Maße, geht ihren eigenen Weg mit der halben Verkleidung, aber bietet Leckerbissen wie Schwinge, Rahmen, Heck - einfach schön, das man sowas auch in GEIL machen kann (statt fast nur form follows function wie bei BMW...). Vorteil der großen Kanzel gegenüber der Brutale, die vorne nix hat und der man eine Scheibe einfach nicht antun kann: deutlich bequemeres Fortbewegen bei erhöhtem Cruising-Speed. Der Original-Auspuff ist sicher attraktiv für ein Serienteil - obwohl das Rohr der S1000R geht, aber der KAT eben überhaupt nicht (!), aber die Brutale-Rohre haben hier optisch die unangefochtene Spitze reserviert - alle drei haben gemeinsam, dass sie den Motor nicht in der Form atmen lassen, für die er primär konstruiert wurde, aber hierzu an anderer Stelle später mehr (Akra, SC Project, kurz vs. lang, Halterung oben unten, ECU vs. Serie, Kat+Klappe, Krümmer vs. Montage, SLS, Engel gegen Teufel - Hallo? Erstmal Einfahren, beruhig dich mal... WAS TUN!!!??? - boah diese Sucht...).

Womit wir beim Sound wären: Hammer für Serie - 107db! - kommst du gar nicht durch die Lärmmessung in SPA und musst überall das Gas zu machen auf anderen Strecken... auf der Landstraße nicht aufdringlich, im Stadtverkehr geht es aber wegen der Klappe fast unter. Hab vorhin auf dem Feldberg grad ne R1 mit Komplettanlage offen gehört. Und an meiner Brutale lief zeitweise ein HP Hydroform ohne DB-Eater. Das ist echter Lärm - geiler Lärm, keine Frage - unten Knurren, oben Kreischen, aber unten UND oben rum gestrig laut und nervt andere etwas. Der V4-Sound ist geil, einzigartig dumpf unten, pulsierende Symbiose von kraftvollem Bollern mit dem buttrigen Stampfen der Kolben - FETT! Benimmt sich auch von der Laufkultur wie ein Hybrid aus Reihenvierer und V2. Obenrum Rennmotor, aber davon hab ich ja erst das Prelude gehört. Ich kann gut verstehen, wenn jemand damit komplett zufrieden ist, werde aber selbst sehr wahrscheinlich einen Schritt weiter gehen oder zwei.

Praktische Aspekte? Fussrasten demontiert - da hat wirklich einer SITZBRÖTCHEN wörtlich genommen. Das Motorrad wird mit Sitzbankabdeckung ausgeliefert. Der Soziussitz kommt im Karton. Da sind auch die Abdeckungen für die Löcher der Soziusfussrastenhalterung drin. Nicht mein Geschmack, aber erfüllen ihren Zweck und gut, dass jemand dran gedacht hat. Fahrersitz abnehmen (Batterie, Werkzeug, kein Stauraum) nur mit Inbus und auch unter Soziussitzbank beklemmende Enge - naja. Nicht wichtig, aber wenn Naked Bike, dann würde minimaler Stauraum nicht schaden. Vielleicht soll der Tuono-Treiber sein Vehikel ja nicht im öffentlichen Raum abstellen... ich stelle sie jedenfalls vors Büro und ein Schloss würde ich gerne mitnehmen und zwar ohne Rucksack oder Tankrucksack (geht eh nicht dran an die Serientankfassung). Andererseits spricht es für die Italiener, dass die Designer hier die Oberhand behalten haben!

Das macht eben den feinen Unterschied zu einer Honda oder Yamaha aus, die wirklich perfekt funktioniert UND so etwas bietet, aber eben durch diesen Will to please und ihre Abwesenheit von Kompromisslosigkeit eine andere Art der Liebe entstehen lässt.

Ich freue mich jedenfalls, meine knappe und wertvolle Freizeit mit genau dieser Maschine zu verbringen und bin schon sehr gespannt, was da noch kommt - wenn gewünscht, gebe ich gerne wieder ein Update.

Thai
 
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Hey ein schöner Beitrag, da hab ich morgens um 7 Uhr Lust auf Mopped so soll das sein
 
Update II nach 3.500km - fast ausschließlich in zügig gefahrenen 2-4 Stunden Turns auf der Landstraße

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Ergonomie - die Sitzhöhe ist schon hoch. Ich komme mit meinen 175cm nur mit den Fussballen auf den Boden. Kein Beinbruch, aber rückwärts rangieren leicht bergauf geht nur mit Absteigen. Die Sitzposition ist gemütlich und geräumig, aber etwas passiv, so dass ich auch bei verschärfter Gangart viel weniger rumturne als früher und eher kompakt im Roadracer-Stil durch die Kurven pfeile anstatt im Hanging Off den Gegenverkehr zu erschrecken. Bei der Fußhaltung ist dann allerdings Disziplin gefragt, weil das ganze Geraffel doch deutlich früher aufsetzt als beim Sportler. Die Faulheit hat mich kürzlich meinen rechten Zehenschleifer gekostet und auch noch ein Loch im Stiefel verursacht. Ich muss wohl doch eine längere Bremsleitung verlegen, so dass ich die hinteren und höheren Positionen der Fußrastenanlage nutzen kann. Die Mini-Scheibe bietet mehr Windschutz als gedacht. Zusammengefaltet mit Kinn auf dem Tank lässt die Tuono sich sogar einigermassen entspannt ausfahren. Bei 275km/h beendet der Begrenzer dann den Vortrieb und ich hatte das Gefühl, jeden km/h zu spüren; fühlte sich jedenfalls schneller an als 300+ auf meiner alten Backbird. Im Gegensatz zur Brutale 910R wird die Grenze hier durch die Übersetzung gesetzt. Die aufrechte Sitzposition hat natürlich neben der Handgelenk und Rückenschonung einen brutal geilen Vorteil: Wheelies waren noch nie so mühelos. Insgesamt erwische ich mich immer öfter in Jeans (sehr empfehlenswert: Trilobite) und Lederjacke statt in voller Kampfmontur und fühle mich sauwohl durch die hinzugewonnene Luftigkeit und Bewegungsfreiheit. Die Möglichkeit, entspannt richtig schnell zu fahren, ist für mich das einzigartig Geile an diesem Motorrad.

Motor

Wirklich zwei Seiten einer Medaille: unter 4.000 Touren sind Nehmerqualitäten gefragt. Für Markenfans sicher kein ernsthaftes Problem, aber die gesetzeskonforme Abstimmung sorgt für ruppige Gasannahme, Konstantfahrruckeln und allgemeines Unwohlsein. Ich wurde bei Ortsdurchfahrten bereits öfters geblitzt (bisher nur von vorne anscheinend, kam jedenfalls noch keine Post :D ) weil ich nicht im zweiten fahren wollte und im dritten dieses (Drehzahl-)Tal der Tränen erst bei illegaler Geschwindigkeit aufhört. Dazu kommt die vollkommen missratene Konfiguration der Motorbremse: unter 4K U/min bremst der Motor so stark als zöge jemand am Fussbremshebel und das nervt im Stadtverkehr oder bei Ortsdurchfahrten schon. Im zweiten ist das noch krasser und im vierten schüttelt sich die Tuono bei niedrigen Drehzalen als müsste sie kotzen. Man kann sich dran gewöhnen und mit ner gefühlvollen Gashand lässt sich der Krampf etwas mildern, aber ich persönlich bin nicht bereit, das als "italienische Eigenheit" zu akzeptieren (mehr dazu in Udate III).

Am Ortsausgang wartet dafür dann der Himmel auf Erden: sobald die Nadel 6.000 Umdrehungen überschreitet, ist ganz gut Druck verfügbar. Dazu gesellt sich die Änderung der Tonlage vom dumpfen Pulsieren zu echtem Donnergrollen auf dem Weg nach oben. Es klingt kraftvoll und einzigartig, sportlich, aber nicht aufdringlich wie ein Reihen 4er - der V4 dreht Köpfe nicht (nur) durch seine Lautstärke sondern durch sein unverwechselbares Klangbild - GEIL. Wie gesagt, mein erster V4 und ich bin wirklich begeistert. Der Sound turned mich dermaßen an, dass ich auf ner Geraden oft alle Gänge durchsteppe, mit Zwischengas wieder runter komme und mich an dem Klangteppich ergötze. Es hat ernsthaft ZEN-hafte Wirkung auf mich. Ich bin glücklich.

Ab 8.000 legt der Reaktor noch mal richtig nach und zieht mir ganz schön die Arme lang, bzw. hebt ohne Mühe das Rad in den unteren zwei Gängen und lässt es im dritten ganz leicht auf dem Asphalt tänzeln. Kommt ne kleine Welle, dann schont die Tuono auch im dritten das kostbare und super spärlich aufgetragene Supercorsa-Profil am Vorderrad. Bei verschärfter Gangart stört auch die Motorbremse nicht so stark. Nach kurzer Eingewöhnung kann man beim schnellen Landstrassen-Surfen den 3. Gang und 4. Gang als Bremse nutzen, dann fällt auch die matschige Bremsanlage nicht so stark ins Gewicht. In der oberen Drehzahlhälfte steht bei Vollgas meist mehr Druck zur Verfügung als auf der Landstrasse umsetzbar ist. Das Herausbeschleunigen aus Kurven beschert reihenweise Glücksgefühle. Beim Ausdrehen fühlt sich die Tuono ganz oben raus allerdings leicht eingebremst an. Nicht im Sinne von wegbleibender Puste, eher lebensbejahender Zurückhaltung, aber man spürt doch, dass der Motor eigentlich mehr könnte. Fällt vermutlich nur Umsteigern von aktuellen 1000ern auf, weil ein 200PS-Topend-Rush einfach nochmal ein ganz anderes Erlebnis ist.

Fahrwerk - taugt in Serieneinstellung gut für Landstrasse (wiege 80kg nackig), nur beim heftigen Angasen zieht sich das Heck am Kurvenausgang zu sehr ein, die Front kann so bleiben. Gabel und Federbein bügeln kleinere Unebenheiten sensationell weg. Wenn man drauf achtet, dann sieht man zwar Kanten im Fahrbahnbelag, aber fühlt sie nicht - wirklich gut, das Öhlins. Budgetversion hin oder her, mit nem abgestimmten WP Rennfahrwerk ist es nicht zu vergleichen aber die Showa-Fahrwerke meiner bisherigen Japaner steckt es locker in die Tasche. Gröbere Unebenheiten dämpft die Factory halt wie Sportfahrwerk, es nimmt die Spitzen und teilt den Rest als dumpfe Schläge aus. Kann man für LS so lassen. Mal abwarten, wie die leichten Felgen sich auswirken, werde dann vorraussichtlich doch Fahrwerk einstellen (lassen).

Bremsen - tja, ich bin unschlüssig. Einerseits hab ich mich an den langen Hebelweg zum Druckpunkt gewöhnt. Allerdings fühlt der sich dann an wie Korkbeläge auf Carbonfelgen am Fahrrad - etwas stumpf - dazu wandert er. Die Bremsswirkung mit zwei Fingern ist dabei an sich gut und das indifferente Gefühlt stört nicht, wenn man z.B. auf langsamere Fahrzeuge auffährt oder schnell Energie abbauen muss wegen überraschender Fahrradfahrern, Traktoren, 70er-Zonen, Blitzer, etc., auch Stoppies können provoziert werden (ABS Stufe 1). Aber bei der fixen Kurvenhatz verlangt mir dieses matschige Feedback schon Konzentration ab, damit die Geschwindigkeit am Kurveneingang stimmt. Eins steht für mich fest: Zusammen mit dem hohen Motorbremsmoment bereitet mir persönlich das Entschleunigen der Tuono im Serienzustand signifikant weniger Freude als das Beschleunigen. Und ich habe die starke Vermutung, dass es NICHT an der axialen Pumpe oder den Zangen liegt, sondern am eingeflochtenen ABS. Jetzt verstehe ich auch endlich, warum andere Racer das ABS ihrer BMWs ausgebaut hatten, während ich auf meiner Superstock K7 Gixxer immer dachte, mir fehlt was. Frage an die Umsteiger von 2015/16 auf 2017: Bringen Radialpumpe und M50 Zangen die Bremsanlage auf das korrekte Niveau oder bleibt das indifferente Feedback?? Naja, jetzt werd ich die Originalbeläge noch runterschrubben und dann mal Z04 Beläge testen und den Zustand dann akzeptieren wie er ist (hoffentlich!). Ich denke mir, dass eine direkte Leitung von (Radial-)Pumpe zu Sätteln den grössten Unterschied bringt bezüglich Dosierbarkeit und Feel, aber ABS hat auf der Strasse gerade auch für mich absolute Berechtigung. Andererseits neige ich eher dazu, der Performance Vortritt zu geben. Aaaargh! Hilfe! Ich hab nen G.A.S.-Schub !

APRC - Ist ja mein erstes Motorrad mit solch einem Elektronikpaket. Ich hatte eigentlich keine Erwartungen, wusste ja, dass es im Zweifelsfall abschaltbar ist und ich wurde angenehm überrascht. In den niedrigen Stufen stört es kaum und in den hohen Stufen macht es dieses Fahrzeug für Fortgeschrittene auch Anfängern, Wiedereinsteigern, Wenigfahrern sehr einfach zugänglich. Zu den einzelnen Systemem: Traction Control, joahh, das finde ich gut. Waren zu meinen Racing-Zeiten nur Prototypen und erste Gehversuche mit Bazzaz, jetzt Serie. Schon cool. Hab mal die höheren Stufen getestet, aber ist dort wirklich Niveau Kindersicherung. Fahre jetzt auf Stufe 1 als Schutzengel. Anti-Wheelie Control - ausgeschaltet weil Spaßverderber, aber hat natürlich Berechtigung, weil es die Tuono 1100 einem breiteren Fahrerspektrum zugänglich macht und jeder mal den Hahn voll spannen kann, ohne Angst vorm Überschlag zu haben. Je mehr Tuonofahrer, desto besser. Ein durch höhere Stückzahlen in mehreren Zyklen ausgereiftes Modell hilft schließlich der ganzen Tuono-Community weiter! Launch Control - nocht nicht benutzt, ist bestimmt cool für Rennstarts, für rennmäßige Ampelstarts in der Stadt bin ich allerdings zu spießig geworden und frisst wahrscheinlich Kupplung wie ein Labrador Hundekekse...

Optik - Hammer, immern noch. Die Front gierig, das Heck sexy. Das Factory-Design gefällt mir super. An zwei Kleinigkeiten, die mich anfangs ziemlich störten, hab ich mich zwischenzeitlich gewöhnt: Bremsflüssigkeitsbehälter mit klobiger Halterung und Plastikfrontfender... im Winter mach ich das vielleicht. Den Serienauspuff kann man lassen, ich persönlich konnte es nicht...

Reifen - waren meine ersten Pirelli Supercorsa im 200er Format. Muss schon gut rangenommen werden, damit er funktioniert wie designed. Aber an warmen/heissen Tagen der reinste Kleber. Schenkt viel Vertrauen und bietet beim Rausbeschleunigen in Schräglage sämigen Grip. Laufleistung besonders vorne an den Flanken wirklich ein Witz. Die vermutlich maue Performance im Nassen und bei Kälte spielt für mich keine Rolle. Probiere jetzt nach dem ganzen Lob allerorts den RS aus.

P.S. Ich hab diesen Text in Etappen geschrieben und inzwischen steht die Uhr auf 4.500km. Seit 500km sind Gabro ECU und SC Project Oval verbaut und seit 2km Schmiedefelgen mit frischen RS drauf. Ich werde berichten...
 
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Update III nach 5.000km, davon 1.000km in der finalen Ausbaustufe (zumindest für diese Saison... :D)

Ich muss gestehen, ich leide genauso an G.A.R.S. wie die meisten anderen Verstrahlten hier, also wurden unter dem Vorwand, ein "besseres" Motorrad zu schaffen, folgende Teile verbaut: Schmiedefelgen und SC Project Oval + GRT ECU + Sprintfilter

Im Vorfeld hatte ich mir eigentlich nur etwas besseres Ansprechverhalten und Sound erhofft. Die blumigen Schilderungen anderer GABRO-Fans schob ich vor allem auf lebhafte Fantasie und die durch lautere Geräuschkulisse erschaffene Fata Morgana besserer Performance. Die goldenen Schmiedefelgen gehörten für mich hauptsächlich aus optischen Gründen zu einer Factory-Version, Handlingsvorteile hätte ich billigend in Kauf genommen...

WOW - ICH LAG KOMPLETT DANEBEN! Die Transformation geht viel tiefer als gedacht, schält den DONNER aus der Mainstream-Hülle, entfesselt die Drehzalmitte und hinterlässt die FACTORY genau so, wie ich es ab Werk erwartet hätte.

1. Handling: Da ich gleichzeitig von abgefahrenen 200er Supercorsa auf neue 190er Michelin RS umgestiegen bin, kann ich die Auswirkung der Schmiedefelgen leider nicht isoliert bewerten, aber das Gesamtpaket macht die eh schon handliche Factory tatsächlich zum Skalpell. In langsamen und mittleren Geschwindigkeiten ist gefühlt gar kein Lenkimpuls mehr nötig - Einlenken geschieht quasi allein durch Blickführung. Bei höheren Geschwindigkeiten lässt sie sich in Wechselkurven sehr spürbar leichter umlegen. Bei Topspeed wirkt sie etwas leichtfüssig, aber von Unruhe ist das weit entfernt. Selbst wenn ich von den Wochenend-Touren noch total euphorisiert etwas übertreibe, so bleibt unterm Strich ein signifikant verbessertes Handling. Klare Empfehlung meinerseits!

2. Leistungsentfaltung: Die subjektiv erfahrene Veränderung ist dramatisch, viel grösser als die Race ECU der Brutale910R oder Power Commander in der (Strassen-)RN12. Die elektronische Kastration war in der Tuono rückblickend doch ganz schön krass. Die Gabro ECU liefert spürbar mehr Power bei mittleren Drehzahlen und oben rum dreht die Tuono jetzt frei in den Begrenzer. In Verbindung mit dem SC Project Oval und dem Sprintfilter atmet sie hörbar freier ein und aus. Insbesondere bei halb geöffneter Drosselklappe fühlt sich das Ganze jetzt an wie aus dem Vollen geschöpft. Die ersten paar Kilometer auf der Hausstrecke war ich dauernd schneller unterwegs als beabsichtigt, weil die Leistung früher anliegt und mit weniger Gasgriffdrehung abrufbar ist. Die donnernde Akkustik untermalt das Spektakel eindrucksvoll - das Gesamtpaket fühlt sich einfach göttlich an!

Ich war nicht auf dem Prüfstand. Der Interessierte kann sich im internationalen Aprilia-Forum an Leistungsdiagrammen satt sehen. (Link siehe #9 oben). Auf einer der hinteren Seiten ist auch ein Diagramm für den SC Project Oval.

Ach ja! Untenrum... neuerdings zahm wie ne Ziege im Streichelzoo - Stadtverkehr/Ortsdurchfahrten im 3. oder 4. Gang, kein Problem. Saubere Gasannahme ab 2.000 U/min in den Gängen 1-4. Konstantfahrruckeln fast auf Null reduziert. An die reduzierte Motorbremse musste ich mich nach 4.000km starker Bremswirkung erstmal gewöhnen. Fahre jetzt Modus T, da etwas Motorbremse am besten zu meinem eher flüssigen Fahrstil auf der LS passt. (In R hat die Tuono gleiche Leistung, rollt aber im Schiebetrieb frei wie die Fidget Spinner meiner Kids).

3. Bremsen: habe die letzten 1.000km extra drauf geachtet, wie oft ich so hart anbremse, dass mich das intransparente Feedback der Bremsanlage wirklich gestört hat. Fazit: nicht oft genug, um einen Umbau vorzunehmen.

4. Sound: die Gabro ECU schliesst die Auspuffklappe im Stand in Neutral und öffnet sie voll, sobald das Fahrzeug rollt oder ein Gang eingelegt wird. Der SC Project Oval klingt etwas heller als der Seriendämpfer, lauter, gieriger, aber meinem Empfinden nach innerorts nicht besonders aufdringlich. Oben rum ist natürlich die Hölle los und im Schiebetrieb über 8.000 U/min sprotzelt und spuckt die Tuono, dass es zusätzlich zum Adrenalin direkt noch ne Extra-Portion Endorphine gibt. Einfach nur geil.

P.S.: Für die Tourenfahrer relevant: der Spaß kostet natürlich ordentlich Reichweite. Ich tanke kurz nach Rerservelampe immer ca. 15 Liter. Bis dahin bin ich meistens ca. 150km gefahren, oft weniger... Negativrekord bisher: 110km, was 13.6 Liter/100km entspricht ...

P.P.S: in letzter Zeit ist der Motor nach Berg- und Talfahrten beim Anhalten und Ziehen der Kupplung öfter mal ausgegangen, haben anscheinend auch andere Anwender, Lösung laut Gabriele in Arbeit, aber wollte es noch erwähnt haben...
 
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Wow bei so einem tollen Bericht schmeckt der Frühstückscafe gleich noch besser (y)

Hast du Gabro über seine Facebook Seite angeschrieben , oder wie kamt ihr in Kontakt?
Ich besitze zwar nur eine Akra mit Kat (und meistens Killer) auf meiner Tuono V4 1000,
aber wenn man den berichten so glauben darf soll die GRT ECU ja auch da was bringen.

Schön das sich Leute die Mühe machen sollche Erfahrungsberichte hier im Forum zu teilen :)
 
Boah hab ich grad Bock auf Moped fahren...:love: Klasse beschrieben (y) Ich hab ja schon gewusst das ich früher oder später ein paar Schmiedefelgen brauche, jetzt benötige ich auch noch die Gabro ECU...:ROFLMAO:;)
 
Danke, Donnertreiber. Mir haben die Erfahrungsberichte aus dem echten Leben in diesem Forum bei der Entscheidung für dieses Motorrad sehr geholfen, daher geb' ich das gern zurück.

Gabro hab ich per Email kontaktiert. Da kann die Antwort aber in der Rennsaison schon mal ein paar Tage dauern.

Vielleicht sollte ich noch einen Beitrag rund um das Was Wie Warum Wieviel der Gabro ECU schreiben? Wer daran Interesse hat, klicke bitte den "Gefällt mir"-Button.
 
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Ich denke du hast mit deinem Bericht einiges an Interesse geweckt ...gerade bezüglich der Ecu von Gabro :D
Sollte es mal eine Sammelbestellung geben wäre ich dabei (y)
 
Sollte es mal eine Sammelbestellung geben wäre ich dabei (y)
Herrliche Idee..

Finde deine Berichte @TH41 auch suppa(y)

Bitte weiter so.. ganz großes Kino hier..
und die Gabro ECU hat wirklich direkt Interesse geweckt.. Wie lang dauerte die Bearbeitung oder das "flashen".. derweil steht das Mofa ja:eek:
 
Wirklich grandios geschrieben - kann es kaum erwarten meine Bella am Sonntag wieder zu bekommen und Deine Texte tragen ihren Teil dazu bei ^^

Nur eine kurze Frage zum Ausgehen nach Berg- und Talfahrten:
Ist es erst nach Verwendung der neuen ECU aufgetreten? @TH41
 
Freut mich sehr, etwas Unterhaltungswert zu bieten!

Nur eine kurze Frage zum Ausgehen nach Berg- und Talfahrten:
Ist es erst nach Verwendung der neuen ECU aufgetreten? @TH41

also zeitlich ja, aber Zusammenhang nicht eindeutig. Es gibt ja hier und im internationalen Forum auch andere Fälle von 2016er Tuonos, die sporadisch ausgehen. Dazu wilde Spekulationen zu Ursache und Wirkung, z.B. Kupplungsschalter, Designfehler Luftdruckmessung, Leerlaufdrehzahlfindung nach Lastbetrieb, etc..

Gabro hat nur 2 andere Kunden, denen das passiert, einer in Kalifornien und einer aus Norditalien. Also empirisch reicht das nicht für ne vernünftige Korrelation... Mir ist sie bisher in 1.000km drei Mal ausgegangen. Jedes Mal beim Kupplungziehen an Kreuzungen im zweiten Gang, nachdem ich Höhenmeter gemacht habe. Ging auf Knopfdruck direkt wieder an und ich konnte das nicht reproduzieren...

Update für 2016 vom Werk gibt diesbezüglich meines Wissens bisher nicht. Aktuelle Map ist immer noch ...DA51 - auf der auch die GRT Maps basieren.
 
Okay, da kann man dann wohl wirklich nur von Einzelfällen sprechen.
Sicherlich ärgerlich, aber solange die Bella sofort wieder anspringt...
Viel ärgerlicher ist es, ein Motorrad für teuer Geld zu kaufen und anschließend nicht mit Herzblut dabei zu sein (ging mir vor der Tuono so...).

Freue mich auf weitere Berichte von dir!@TH41
 
Motoplex
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