Meine erste kommerzielle Motorradreise (zudem mit 18PS)

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nairolF

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Motorrad
Tuono Factory
Modelljahr
2020
Ich weiß. HIer in diesem Forum geht es um die schnellen. Hier sind die Haie und nicht die Clownfische.
Deshalb gehört das ja eigentlich nicht hier her.
Wobei der Vergleich von oben eigentlich hinkt. Es ist wohl eher so, als sei der Hai an Land gegangen.
Hat sich auf ein Zehntel seiner Leistung reduziert und war damit in ungewohntem Terrain - sagen wir es schmeichelnd - durchaus gefordert.

Doch jetzt zu der Geschichte:

Meine erste kommerziell organisierte Motorradreise.
Eigentlich fing es letztes Jahr schon an. Da wollten wir nach Rumänien und dachten, da bräuchte man was, womit man auch Offroad fahren kann.
Also kaufte ich die Baghira. Und dann dachten wir, dass Offroad ja anders ist, als Strasse und man das erst lernen muss. Da wir zudem mittlerweile in einem Alter sind, in welchem wir erkannt haben, dass Try and Error gelegentlich teurer und zudem langwieriger ist, als sich das professionel zeigen zu lassen, machten wir ein Endurotraining.
Und dieser Anbieter verbringt die Wintermonate mit seinen Moppeds in Andalusien und stellt diese gegen ein gewisses Entgeld zur Verfügung. Und da er sich da ganz gut auskennt und selber auch gerne fährt, fährt er halt voraus.

So eine Woche Auszeit dachte ich mir, würde mir schon ganz gut gefallen. Daher buchte ich bei ihm für die erste April Woche und besorgte mir einen Flug nach Malaga mit Ryanair.
Netterweise fliegen die ab Nürnberg und so konnte ich hier die U-Bahn verwenden.
In Malaga angekommen nach schon 2,5h den Mietwagenschlüssel in der Hand gehabt und mit einem schnuckligen 500er (wollte ich schon immer mal fahren) nach La Herradura. (Fiat, nicht Mercedes)

Mittlerweile war es doch recht spät geworden, aber ich traf Guido den Veranstalter sowie meine 2 Mitstreiter Georg und Robert aus dem schönen Salzburg noch im Lokal. Es war das Lokal, in welchem wir von nun an jeden Abend unser Mahl zu uns nehmen sollten. Dieses war auch Teil unserer Buchung. Das Essen war gut und der Wein war vorzüglich.

Am Sonntag holte uns Guido an der Pension ab und wir gingen wenige Meter bis zu der Garage, in der er seine Boliden hortete.
Jeder von uns bekam einen solchen roten Renner, dann wurden noch Schläuche auf unsere Rucksäcke verteilt und dann konnte es schon los gehen.

Bei den Moppeds selbst handelte es sich um betagte 230er CRF Hondas, bei denen die Bezeichnung "mehr geflogen als gefahren" gar nicht so abwegig war. Georg meinte lapidar, das bliebe billig, wenn wir sie in der Schlucht versenken.
Mit immerhin 18 wackeren Pferden im Kessel war zudem die Befürchtung, dass uns der brutale Anriss überfordern könnte, eher gering.

Zunächst ging es auf einen Parkplatz am Strand. Da lagen viele Steinchen und wir bekamen einen Crashkurs im Fahren auf losem Untergrund. Slalom, richtig stehen und bremsen waren die zentralen Inhalte.
Nach einem Mittagessen in der Strandbar ging es dann los. Am anderen Ende der Stadt bog er in einen Feldweg ab und wir erklommen die ersten Steigungen. Und dann wurde es schon richtig steil. Schwer atmend und mit in den Augen schwappendem Adrenalin kam ich oben an. So gleich zum Anfang war das schon ein hartes Brett für mich. Was war ich froh, einen Trinkrucksack dabei zu haben. Der war Abends dann auch immer leer.
Lernergebnis für mich am ersten Tag: erstaunlich wie steil ich irgendwo rauf fahren kann. Gar nicht so einfach auf losem Untergrund mit der Blickführung, das mit dem Stehen auf dem Mopped muss besser werden, um die Traktion von VR und HR besser verteilen zu können, Sidi Crossfire retten den Fuss vor einem Bruch, wenn man das VR, das einem erklärt, dass es auf nassem Beton keinen Grip hat, wieder einfängt. Enduro fahren ist eine schweißtreibende Angelegenheit.
Das Ankommbier hatten wir uns redlich verdient.

Am Tag darauf fuhr sich Guido einen Platten. So haben wir eine Vorführung bekommen, wie man so ein HR in der prallen Sonne ausbaut, den Reifen löst und den Schlauch wechselt und dann den Mantel wieder darüber stülpt. Guido war sich vermutlich nicht sicher, ob wir es richtig verstanden haben und hat deshalb bei der Montage gleich mal wieder ein Loch in den Schlauch gepiekst. Also nochmal. Auch dieses Mal wurde der neue Schlauch zerstört. Aber man kann ja auch den ursprünglich undichten Schlauch flicken. In der Theorie.
In der Praxis fährt man dann eben mit einem Platten weiter. Wegen mir hätte er das weiterhin machen können. Dann wäre ich wenigstens immer hinterher gekommen. War genau mein Tempo.
War aber auch nicht mehr weit bis zu dem Dorf, in dem wir Mittag machten. So eine Pause gab es jeden Tag in verschiedenen Dörfern und stets gab es gute spanische Hausmannskost. Sehr lecker.

Mittwoch war Ruhetag. Ansonsten sind wir jeden Tag rund 80-130km gefahren. Da war soweit ich das bislang beurteilen kann, fast alles dabei.
Schmale Gassen am Hang mit gefühltem Rollsplitt, sowie breite Schotterpisten auf denen man mal die brachiale Leistung vollständig nutzen konnte. Am Donnerstag hatten wir dann auch mal ein Flussbett dabei. Ich weiß ja nicht, wie man sowas in Echt nennt, aber für mich war es Schwimmkies. Irgendwie machte da mein VR was es wollte und ich habe mit dem Kies dann den Dreck von meinen Stiefeln gekratzt. Direkt im Anschluß ging es dann eine Brandschneise hoch. Der Weg zum Schwungholen war nicht sehr lang, so lernte ich für das nächste Mal, den Vorgang frühzeitig abzubrechen, um nicht wieder das Mopped 2/3 des Hanges runter zu bugsieren, umzuschmeissen und wieder aufzuheben. Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass sowas eine schweißtreibende Angelegenheit ist? Beim dritten Versuch war ich dann oben.

Und dann haben mir irgendwie die Kräfte gefehlt und bin über das VR auf so einer Art Rollsplitt geflogen. Das Mopped ist bis an den Lenker den 60° steilen Hang runter gerutscht, aber liebenswürdigerweise mit den Rädern nach unten. So konnte ich es Stück für Stück wieder hoch ziehen. Bei der Lektion lernt man, wie wichtig es bei der Fahrzeugwahl ist auf geringes Gewicht zu achten.
Es blieb bei mir bei diesem einen Sturz und auch Georg hatte einen am Donnerstag. Nur Robert hat sich vollständig davor gedrückt die Erde zu küssen.

So hatte sich der Schwierigkeitsgrad über die Tage also gesteigert. Bei manchen Steilpassagen hoppelte das HR derartig über die Felsen und verlor Traktion, dass ich mir nicht sicher war, ob es nun an meiner falschen Gewichtsverteilung oder doch eher an dem hochpreisigen Fahrwerk lag. Aber egal! Es wurde gemeistert.

Die Krönung des Schwierigkeitsgrades erfolgte dann allerdings am Freitag. Guido nannte das was wir da fahren sollten "Single Trail". Man stelle sich also einen steilen Hang vor. So einen richtig steilen. Und dann regnet es auf trockenen Boden. Das Wasser kann nicht abfließen und sucht sich einen Weg. Es kommt viel Wasser und macht den Weg so 60-80cm breit. Und hilft Steinbrocken auch mal die Sonne zu sehen, indem das Wasser sie freilegt.
Um es kurz zu fassen: Ich war froh, dass ich keine Windel brauchte. Sowas in der Art gab es an dem Tag 4x. Zudem einige richtig lange und steile Anstiege und noch ein paar Abfahrten.

Was wir aufgrund "nicht vorhanden" nicht geübt haben, war Schlamm und Sand. Schnee gab es auch keinen. Aber ganz viel rauf und runter. Schotter, Kies und Felsbrocken gab es zu Hauf. Und wenn wir mal Zeit hatten zu gucken, auch noch eine wunderschöne Landschaft.

Resumee der Woche: Irgendwas werde ich gelernt haben. Zumindest das Stürzen weh tut. Auch, dass es einen mit einer Form verblödetem Stolz erfüllt, wenn man hochkonzentriert eine Steigung bezwungen hat und kurzatmig der Schweiß auf allen Poren trieft. Auch, dass für mich 18PS völlig ausreichend sind in einem solchen Terrain. Und dass ich in noch keinem Urlaub so schnell von Zuhause und der Arbeit abschalten konnte. Letzteres wird sich vermutlich reduzieren, falls ich doch mal einen Funken Talent in mir entdecken sollte.

Womit eigentlich klar ist, dass ich etwas in dieser Form vermutlich mal wieder machen werden. Evtl sogar die gleiche Tour noch mal. :)

Mit den Bildern ist das so eine Sache. Natürlich habe ich einige. Allerdings keine von den schweren Passagen. Da war stets das Mobiltelefon im Rucksack. Einige von der Landschaft. Mal schauen...
 
Das ist die im anderen Post gemeinte Steigerung, also doch Trail oder mind. Ähnlich:LOL:
Kompliment, ist sicher ne mega geile, extrem fördernde, anstrengende aber stolz machende Herausforderung, toll
 
Zuletzt bearbeitet:
Toller Bericht, vielen Dank dafür! (y)

Sowas könnte nach meinem Geschmack ruhig öfters hier erscheinen. Auch wenn es mal nicht um die Bellas geht. Aber es macht Spass das zu lesen und animiert das vielleicht selber mal zu probieren.

Das Paket scheint doch zu stimmen. Herausfordende Pisten, tolle Landschaft, kein Förster der die Weiterfahrt unterbindet und leckere spanische Landküche! Was will man mehr! Und ein kleines bisschen nützt das sicherlich auch für die Fahrt mit der 10 mal so starken Kiste! :)

Wie war die Unterkunft und das Preis/Leistungsverhältnis?
 
Wie war die Unterkunft und das Preis/Leistungsverhältnis?
Gekostet hat der Spaß 799€ + 100€ EZ Zuschlag + 500€ für das Moped.
Bekommen habe ich dafür ein einfaches Zimmer, wie es in Spanien rund 50€ die Nacht kostet.
Das Bett war gut, das Zimmer sauber.
Inklusive Frühstück. Da hatte ich in der Regel Kaffee und so ein halbes getoastetes Baguette mit Tomaten und Schinken.
Abendessen war in einem Lokal. Stets 3 Gänge, reichhaltig und gut. Getränke exklusive. Wert ca 20€.
Macht also 7 Übernachtungen mit 5 Fahrtagen, davon ein halber Tag Endurotraining.

Jetzt kann sich jeder selber ausrechnen, ob ihm das es wert ist :)
 
Dieser Film ist nicht von mir und manche der Strecken waren mir auch unbekannt.
Aber es ist die gleiche Gegend, ähnlicher Schwierigkeitsgrad, derselbe Veranstalter und die gleichen Moppeds

 
Gekostet hat der Spaß 799€ + 100€ EZ Zuschlag + 500€ für das Moped.
Bekommen habe ich dafür ein einfaches Zimmer, wie es in Spanien rund 50€ die Nacht kostet.
Das Bett war gut, das Zimmer sauber.
Inklusive Frühstück. Da hatte ich in der Regel Kaffee und so ein halbes getoastetes Baguette mit Tomaten und Schinken.
Abendessen war in einem Lokal. Stets 3 Gänge, reichhaltig und gut. Getränke exklusive. Wert ca 20€.
Macht also 7 Übernachtungen mit 5 Fahrtagen, davon ein halber Tag Endurotraining.

Jetzt kann sich jeder selber ausrechnen, ob ihm das es wert ist :)
Da kommt dann noch Flug und Mietwagen hinzu, richtig?

Was sollte man an Ausrüstung mitbringen? Endurostiefel, -handschuhe und -helm stelle ich mir vor, sind hilfreich. Langt 'ne Textilmotorradjacke oder muss es Leder sein?
 
Richtig. Flug waren 230€ und der Mietwagen kostete 120€ incl. Vollkasko die Woche.

An Ausrüstung hatte ich
- Sidi Crossfire (habe ich mir letztes Jahr schon für Rumänien gekauft)
- Endurohose
- Knieschoner Thor Force XP
- Protektorenhöschen für Popo und Hüfte
- Panzerhemd (Rücken/Brust/Schulter/Ellbogen) von Fox
- Jersey
- Enduro Helm von Rocc
- dünne Endurohandschuhe
- Trinkrucksack Camelbak

Bei 20° Aussentemperatur braucht es da keine Jacke mehr. In Leder würde man eingehen.
 
Motoplex
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