"Chassis Flex" - Auf der Suche nach Antworten.

FATMAN

ist ein V4 Fan...
Premium Mitglied
Motorrad
RSV4 1100 Factory
Modelljahr
2021
Moin zusammen,

immer wieder wird über Chassis Flex gesprochen, über Torsionssteifigkeit etc. pp aber nie (nein auch nicht nachdem ich die Suchfunktion im Forum benutzt habe) konnte ich wirklich eine fundierte Antwort finden, für welchen Fahrzustand man Chassis-Flex (mehr oder weniger laterale- und Torsionssteifigkeit im Chassis) wirklich sinnvoll ist und was er im Endeffekt bringt.

Das bisschen was ich aufgreifen konnte ist dass ein Rahmen in der Längsachse besonders steif sein muss, um die Kräfte beim Bremsen und Beschleunigen auszuhalten, allerdings soll er sich in voller Schräglage (da die Federelement in Schräglage nicht so fein arbeiten können, wie wenn sie aufrecht stehen) verbiegen können um Stöße aufnehmen und damit den Reifen entlasten zu können - sodass er in der Fahrsituation noch mehr Grip aufbauen kann.

Für die Schwinge gilt wohl das selbe Spiel. Mehr Flex = Mehr Grip, weniger Flex = mehr Feedback. Hier zu gibt es ein Video von Dorna:

Besonders interessant ist dass ich in einem Video über die ganz neue Panigale V4 von einem professionellen Rennfahrer folgendes gehört habe:
"This bike now has edge grip". Die Jungs dürfen, da sie quasi von Ducati gesponsert sind natürlich nicht schlecht über "die Alte" reden, unter dieser Formulierung verstehe die politisch korrekte Version von "Die Alte hatte deutlich weniger Edge Grip." Was für eine lateral weichere Schwinge spricht, sie ist ja nun auch nicht besonders dick.

Auch interessant: Seht mal wie unglaublich dünn der GP24 Rahmen eigentlich ist:

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In der aller-neuste PS-Ausgabe befindet sich ein RSV4-Bericht von Fifty, der das 2022er Modell mit einer 1:32 über Oschersleben geprügelt hat.
Eine der Theorien in dem Bericht war, dass das Motorrad beim Beschleunigen sehr rumrührt und dass es auf die "30% steifere Schwinge mit weniger Flex" zurück zu führen sei.
Nun ist diese allerdings auch ganze 4cm länger als die Alte, welches einen längeren Hebel ergibt. (Ich habe es selbst back-to-back gemessen) Mich stört es nicht, aber es stimmt. Bei Vollgas ein mittlerer Schräglage, fühlt es sich an wie der Ritt auf einer Kanonenkugel und es ist Bewegung im Chassis. Aber ist das so schlecht?

Für mich sieht es aus als hätte Aprilia seit 2009 den Rahmen selbst (bis auf die Einsätze zur Geometrie- und Schwerpunktverlagerung des Motors) nicht angerührt.
Das Chassis hat immerhin 3 WSBK-Titel gewonnen. Das muss doch heißen dass ihnen damit ein so grandioser Wurf gelungen ist, dass sie ihn bloß nicht zu sehr verändern wollen.

Oder?
Ich versuche hier etwas dazu zu lernen, da mich das Thema stark interessiert - und hier kommt ihr ins Spiel.
Irgendwer weiß es IMMER besser und im besten Fall vielleicht sogar aus eigener Erfahrung, einem direkten Vergleich oder anderen guten Quellen.
Vielleicht findet sich hier ja jemand mit handfester Erfahrung oder Wissen aus einer Quelle, die vielen hier und mir noch nicht vor die Nase kam.

Lasst uns sammeln, freue mich über jeden der etwas sinnvolles dazu beitragen (oder mich korrigieren) kann
:mrgreen:


LG FATMAN
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Mutmaßungen als Laie, der immerhin mal ein Fahrwerksbuch gelesen hat:

Eine der Theorien in dem Bericht war, dass das Motorrad beim Beschleunigen sehr rumrührt und dass es auf die "30% steifere Schwinge mit weniger Flex" zurück zu führen sei.
Das liest sich für mich nach "das Moped hat zu wenig Traktion weil es mit den Unebenheiten der Strecke nicht mehr hinterherkommt (das Gesamtpaket Rahmen/Fahrwerk/Reifen) ist zu steif". Weil das Gesamtpaket muss ja immer auf die Begebenheit angepasst sein. Möglicherweise ist man auf so mancher sehr unebenen Bergstrecke mit einem weicheren Rahmen (VTR1000F oder sowas) und gleichwertigem Fahrwerk/Reifen schneller als mit einem Superbike mit gleichem Antriebstrang und verwindungssteiferen Rahmen. Auf der Renne wendet sich dann das Blatt. So meine Vermutung. Ich springe jedenfalls mit meiner Tuono momentan noch über Unebenheiten meiner Hausstrecken, wo meine VTR und auch meine eingestellte Street Triple 675R wie auf Schienen drüber ist. Im Frühling fahr ich mal zum Fahrwerk einstellen zu einem Experten, bin mal gespannt wieviel das bringt oder ob die Tuono sogar zu verwindungssteif für manche Strecken ist.

Nun ist diese allerdings auch ganze 4cm länger als die Alte, welches einen längeren Hebel ergibt. (Ich habe es selbst back-to-back gemessen) Mich stört es nicht, aber es stimmt. Bei Vollgas ein mittlerer Schräglage, fühlt es sich an wie der Ritt auf einer Kanonenkugel und es ist Bewegung im Chassis. Aber ist das so schlecht?
Was meinst du mit "Ritt auf einer Kanonenkugel"? Das klingt für mich nach einer stabilen Flugbahn.
Das richtige Maß an Bewegung im Chassis kann mMn schon hilfreich sien. Je nach Strecke.
 
Ich glaube das Thema Rahmen-Flex ist nur für die letzte 1/10 sec bei der MotoGP wirklich relevant.

Da auf jeden Fall, aber ich bin der festen Überzeugung dass der selbe (Zumindest sportlich versierte) Fahrer den Unterschied zwischen einem Motorrad mit weniger, und einem mit mehr Flex - spürt. Ich bilde mir zumindest ein dass ich sowas in der Art bei meinem eigenen kleinen Superbike-Vergleich dieses Jahr gemerkt hab.

Auf der Aprilia spüre ich Gripreserven, an die bisher nur die neue Fireblade rangekommen ist. (Auf mittelmäßigem Straßenasphalt der nicht sonderlich rau ist.)
Hier kann ich immer noch 50° Schräglage abrufen (Mit S23 und Power 6) bei kalten 8°C. Bei 25 fühlte es sich dann einfach nur noch viel besser an.
Die Fireblade hat ebenfalls eine mit 62cm sehr lange Schwinge und einen Rahmen, der relativ ähnlich konstruiert ist. Auf meiner 2004er ZX10R hatte ich schon Vertrauensprobleme um in meiner einen Lieblingskurve das Knie zum Asphalt zu bringen.
Und sie hatte einen eher kurzen, zum Lenkkopf hin sehr dick werdenden Rahmen. Von oben war er auch einfach sau-dick.
Das muss für irgendwas ein Indikator sein.

Ich bin aber auch nur ein Dulli der gerne viel Motorrad fährt, die Suche nach Antworten ist an Leute gerichtet, die mit so etwas einfach noch viel mehr Erfahrung haben als das bisschen was ich mir einbilde. (Wenn sich überhaupt jemand hier genug für so etwas interessiert... Das Forum ist immerhin durchaus aktiv und hat nicht wenig Member)
 
Spannendes Thema hier endlich mal :cool: (y)

Leider kann ich dazu nichts beitragen, das Thema ist für mich einfach viel zu weit weg als dass ich in der Lage wäre, dazu eine vernünftige Meinung zu haben.
Ich fahre seit 2007 fast ausschließlich auf der Rennstrecke, die längste Zeit davon immer Rennen gefahren und an Meisterschaften teilgenommen, würde mir
nachsagen nicht gerade langsam zu sein aber Rahmen-/ Schwingenflex kann ich einfach nicht beurteilen. Welches Motorrad an welcher Stelle seine Stärken und Schwächen hat kann ich aber beurteilen. Im Laufe der Jahre bin ich vieles gefahren und man kann sagen, dass je neuer das Motorrad ist, desto einfacher fährt es sich. So nen aktuelle 1000er fährt sich extrem gut und einfach, das Handling ist der Wahnsinn und dazu gut 200PS. Begeistert mich immer wieder!
 
Da auf jeden Fall, aber ich bin der festen Überzeugung dass der selbe (Zumindest sportlich versierte) Fahrer den Unterschied zwischen einem Motorrad mit weniger, und einem mit mehr Flex - spürt. Ich bilde mir zumindest ein dass ich sowas in der Art bei meinem eigenen kleinen Superbike-Vergleich dieses Jahr gemerkt hab.

Auf der Aprilia spüre ich Gripreserven, an die bisher nur die neue Fireblade rangekommen ist. (Auf mittelmäßigem Straßenasphalt der nicht sonderlich rau ist.)
Hier kann ich immer noch 50° Schräglage abrufen (Mit S23 und Power 6) bei kalten 8°C. Bei 25 fühlte es sich dann einfach nur noch viel besser an.
Die Fireblade hat ebenfalls eine mit 62cm sehr lange Schwinge und einen Rahmen, der relativ ähnlich konstruiert ist. Auf meiner 2004er ZX10R hatte ich schon Vertrauensprobleme um in meiner einen Lieblingskurve das Knie zum Asphalt zu bringen.
Und sie hatte einen eher kurzen, zum Lenkkopf hin sehr dick werdenden Rahmen. Von oben war er auch einfach sau-dick.
Das muss für irgendwas ein Indikator sein.

Ich bin aber auch nur ein Dulli der gerne viel Motorrad fährt, die Suche nach Antworten ist an Leute gerichtet, die mit so etwas einfach noch viel mehr Erfahrung haben als das bisschen was ich mir einbilde. (Wenn sich überhaupt jemand hier genug für so etwas interessiert... Das Forum ist immerhin durchaus aktiv und hat nicht wenig Member)
Die alten ZX10 R bis nach 2010 würde ich mit Vorsicht in den Vergleich reinnehmen. Die Schwinge war i.d.R. zu kurz, die Progression der Schwingenanlenkung eine Katastrophe und der Dämpfer komplett geschlossen noch zu schnell eingestellt. Das fehlende Gefühl hat weniger was mit dem Rahmen zu tun.
 
Die alten ZX10 bis nach 2010 würde ich mit Vorsicht in den Vergleich reinnehmen. Die Schwinge war i.d.R. zu kurz, die Progression der Schwingenanlenkung eine Katastrophe und der Dämpfer komplett geschlossen noch zu schnell eingestellt. Das fehlende Gefühl hat weniger was mit dem Rahmen zu tun.
Wie kann ich das genau verstehen, hast du Werte der Kawa im Vergleich zu einem anderen Motorrad, welches sich aufgrund dessen weit besser fährt?
:) :coffee:
 
na, ich hatte tatsächlich eine 04er, 05er, 07er, 08er und 10er ZX 10R. Und zu der Zeit war ich auch noch recht oft auch international auf der Rennstrecke dabei und zusammen mit ein paar Leuten aus der SBK und IDM. Das war die einhellige Aussage. Es gab für die 08er sogar längere Schwingen. Die hatte grundsätzlich das Problem, das unter vollem Kettenzug das Fahrwerk sich ab einem Einfederungspunkt selbst zusammengezogen hatte und sich nicht mehr von alleine ausgefedert ist. Deshalb die längere Schwinge. Hat aber nicht viel geholfen. Nutzbar waren im Worst Case 30% Federweg an der Schwinge.
Und ja , ich habe die Werte im Bezug auf die Kawa gehabt, denn ich hatte so eine Schwinge, die Anlenkung aus der Stock auch. Das Chassis selber war sehr gut, gerade der Motor der zweiten Generation auch, aber die Probleme kamen immer aus dem Bereich Schwinge.
 
Gerade an dem Thema Schwinge wird eine "genaue" Analyse des Flex schon scheitern. Kein Motorrad von irgendeinem Hersteller fährt im Wettbewerb mit der Serienschwinge und/oder der Seriengeometrie. Die Kawa ist vielleicht ein ganz extremes Beispiel. Das Motorrad wird in allen Tests als unhandlich und bockig "heruntergeschrieben". Tatsächlich fährt das Ding in Rennkonfiguration nicht nur in den Händen von Johnny Rea sehr gut, weil das Heck viel höher gelegt wird und mit einer anderen Schwinge dann quasi ein anderes Bike ist. Die Rennkonfiguration der titelgewinnenden RSV4 kann man aus dem gleichen Grund nicht wirklich mit dem Serienbike vergleichen.

Für das 2021 Update des Serienbikes hatte man bei Aprilia schon den Entwurf der FW-Unterzugschwinge im Regal und hat ein Serienteil abgeleitet, was dem wirklich schnellen Hobbyracer in Kombination mit dem variablen Schwingenpunkt vielleicht noch ein paar mehr Einstellmöglichkeiten bietet. Von diesen Möglichkeiten wird in so einem PS-Test ja kein Gebrauch gemacht. Die ziehen andere Reifen auf und ändern ein paar Klicks am Fahrwerk. So ein Test muss ja in 1,5 Tagen inkl. Fotoshooting über die Bühne sein. Mit mehr Zeit könnte man den vielleicht tatsächlich bestehenden und im Test kritisierten Nachteil der 2021erUnterzugschwinge vielleicht sogar in einen Vorteil ummünzen. Auf einer anderen Strecke funktioniert die Schwinge dafür vielleicht schon aus der Kiste heraus besser. Den Rahmen hat man bei Aprilia m.E. nur deshalb unangetastet gelassen, weil man da nicht allzuviel rausholen konnte und eine definitiv mögliche Verbesserung schlicht betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre. Also arbeitet man mit dem Übernahmeteil.
 
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Da auf jeden Fall, aber ich bin der festen Überzeugung dass der selbe (Zumindest sportlich versierte) Fahrer den Unterschied zwischen einem Motorrad mit weniger, und einem mit mehr Flex - spürt. Ich bilde mir zumindest ein dass ich sowas in der Art bei meinem eigenen kleinen Superbike-Vergleich dieses Jahr gemerkt hab.

Auf der Aprilia spüre ich Gripreserven, an die bisher nur die neue Fireblade rangekommen ist. (Auf mittelmäßigem Straßenasphalt der nicht sonderlich rau ist.)
Hier kann ich immer noch 50° Schräglage abrufen (Mit S23 und Power 6) bei kalten 8°C. Bei 25 fühlte es sich dann einfach nur noch viel besser an.
Die Fireblade hat ebenfalls eine mit 62cm sehr lange Schwinge und einen Rahmen, der relativ ähnlich konstruiert ist. Auf meiner 2004er ZX10R hatte ich schon Vertrauensprobleme um in meiner einen Lieblingskurve das Knie zum Asphalt zu bringen.
Und sie hatte einen eher kurzen, zum Lenkkopf hin sehr dick werdenden Rahmen. Von oben war er auch einfach sau-dick.
Das muss für irgendwas ein Indikator sein.

Ich bin aber auch nur ein Dulli der gerne viel Motorrad fährt, die Suche nach Antworten ist an Leute gerichtet, die mit so etwas einfach noch viel mehr Erfahrung haben als das bisschen was ich mir einbilde. (Wenn sich überhaupt jemand hier genug für so etwas interessiert... Das Forum ist immerhin durchaus aktiv und hat nicht wenig Member)
ich denke der gefühlte Gripvorteil deiner RSV 4 Factory liegt am Fahrwerk…
Glaube auch weniger das du die Schwinge spürst.
aber das ist halt einfach ein tolles Gesamtpaket und eh immer ein Zusammenspiel.
Aber Pumpen am HR habe ich nicht.
Ggf. ist das auf der Rennstrecke in einem Test aber auch so, dass die da ggf. in einem unpassenden Fahrwerksmodus rum fahren…
 
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ist schon Winter? :unsure: :X3: :X3: :X3: :X3:

Der Flex ist (mein laienhaftes Verständnis) der Versuch über die Verwindung des Fahrwerks Unebenheiten in Schräglage auszugleichen weil die Gabe und Schwinge nur in der Hochachse des Fahrzeuges arbeiten können und eben nahezu nicht seitlich wirken können.

die beiden Schwingen der Aprilia kannst du geometrisch von der Länge her vergleichen - aber was bringt dir im Bezug auf die seitlichen Wechselwirkungen, wenn du das durch die geänderte Geometrie veränderte Widerstandsmoment gegen Biegung (und Torsion) nicht kennst?
Was hat das dann wiederum mit der Aussage zu einer Ducati zu tun?
((Moto GP und ein Serienbike ist bisschen wie wenn sich Herr Roland Trettl mit der Monika aus der Heideschänke über Sauce unterhalten...))


Und nur weil der Herr Höfer in seinen 3 Turns auf dem Bike auf einem Rübenacker was bemängelt, heisst das nicht das da generell was ist/sich bei der RSV4 was grundlegend geändert hat ... die RSV4 wurde über die Zeit immer stabiler ausgelegt, allein schon weil statt 179 nun 218PS anliegen und die WC eben nicht bis zum 4. Gang anliegen sollte ... was querdynamisch an der Schwinge geändert wurde weiss der Adriano der das seit 20Jahren Konstruiert und testet und das evtl der Inder der die FEM Netze gesponnen hat .
Das Rühren kann durchaus auch durch mangelnde Ergonomie und ein falsches Fahrwerksetting kommen ... oder durch Reifen oder was weiss ich ...

du wolltes eine ehrliche Diskussion .. etwoila
 
Tolles Thema, tolle Fragestellung, leider fehlt es uns an zu vielem um eine objektive Antwort darauf geben zu können:
- Informationen über die Fahrwerkseinstellungen und Geometrie
- Messdaten der Fahrsituationen
- Erfahrung im Popometer
 
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