Sodele. Mittlerweile knapp 2.500 KM gefahren. Wie sieht mein Zwischenfazit aus?
Emotion: 100 Punkte. Selten ein Bike gefahren, das mich emotional so flasht und abholt wie der Factory-Thunfisch. Beim Warmfahren scheppert und rasselt alles, warm gefahren ist der Bock Racing pur. Fühlt sich jedes Mal an, als hätte man das Teil direkt von der Rennstrecke auf die Straße gebracht. Ganz großes Kino.
Motor: Nach der freundlichen Hilfestellung eines allbekannten Forumskollegen ein Mega-Aggregat. Drehzahlen unter 4.000 U/min mag sie trotzdem nicht wirklich. Man kann sie dort fahren, aber der Motor will einfach drehen. Nachdem das 2. Gang-Serien-Desaster eliminiert ist, würde ich dem Motor 95 Punkte geben. Drehmoment in jedem Gang satt, mein Wunsch nach Mehrleistung hält sich in engen Grenzen, das Gefühl von Untermotorisierung kommt zu keinem Zeitpunkt auf. Dreht man die ersten Gänge voll aus, ist man dankbar für die AWC und Elektronik. Das Teil fliegt förmlich, dreht gierig aus, lässt sich aber auch schaltfaul in hohen Gängen bewegen. Top-Motor.
Klang: 100 Punkte (eigentlich 200): best klingender Motor ever. Mit der (legalen) Akra schreit sich das Biest die Seele aus dem Hals. Das Geknalle beim Abtouren oder Schalten, die Klangfrequenz als solche, einfach göttlich. Als Nebeneffekt nicht zu vermeiden, dass sich, wenn man dem Biest die Sporen gibt, jeder, aber auch wirklich jeder umdreht. Der Aufmerksamkeitsfaktor ist enorm und beim Angasen unvermeidbar. Manche finden den Sound nicht mehr zeitgerecht oder gar asozial, ich finde ihn genial. Da bin ich Egoist pur. Gott sei Dank bleibt die Klappe unter 5.000 U/min zu, da kann man einigermaßen anständig durch Ortschaften fahren. Das Spektakel bei Knallgas ist aber einfach spektakulär.
Fahrwerk: Bombenstabiles Chassis, das einem sehr viel Vertrauen gibt. Federelemente arbeiten gut (fahre meist A2), die Mischung zwischen Sport und Komfort stimmt. Demgegenüber finde ich das Handling (trotz leichterer Schmiedefelgen) nicht überragend. Die Tuono fühlt sich ein wenig adipös an. Gewicht müsste um 15-20 kg runter. Da war meine Speed Triple 1200 RR handlicher und williger.
Bremse: Nicht ganz auf dem Niveau der Brembo Stylema, die ich in der Duke 890 R und der Speed Triple 1200 RR hatte, aber trotzdem gute Bremskraft und Dosierbarkeit. Hier besteht noch etwas Optimierungspotenzial, ohne dass ich aber Kritik üben wollen würde. Das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.
Spritverbrauch: Säuft. Ist aber ok, wird auch nicht gerade handzahm bewegt.
Getriebe: Auf gutem, aber nicht auf Spitzenniveau. Schaltautomat Serie unterbricht zu lange, mit SW-Optimierung wird das besser, ist aber nicht ganz auf dem Level der Konkurrenz.
Verarbeitung: In Summe wertig gemacht, ohne auf dem Top-Level einer Speed Triple 1200 RR zu sein. Die Anzeigen beim E4-Modell sind nicht mehr State of the Art, das können Ducati, Triumph oder BMW deutlich besser. Ist für mich aber nachrangig. Nervig, dass es keine gescheite Tankanzeige gibt. Die hässlichen Billighebel wurden durch hübschere und vor allem einstellbare ersetzt.
Mein Fazit: Ich bin super happy mit dem Bike. Fettes Grinsen unter‘m Helm ist bei jeder Fahrt garantiert. Hoher Suchtfaktor. Allerdings verleitet das Bike dazu, die StVO großzügig im Sinne einer Empfehlung auszulegen. Langsam fahren geht nicht, das Bike will hergeritten werden, wie ein Bulle auf Steroiden. Eine gewisse Disziplin ist als lebenserhaltende Maßnahme unbedingt angeraten.
Wenn ich mir etwas für die Zukunft wünsche würde, dann wäre das eine Diät. Vielleicht werde ich doch noch die Carbonräder montieren, wenn mir irgendwann ein attraktives Angebot vor den Geldbeutel läuft. Nichtsdestotrotz klare Empfehlung, beide Daumen hoch! Ich liebe den Thunfisch (und hatte witzigerweise bis zum letzten Jahr Aprilia nie auf dem Radar, bis ich die Tuono Factory dann Probe gefahren bin).