Grundsatzdiskussion: Hinterrad-Bremse

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Also mein Senf nach der 200km Runde gestern hier in Sachsen:

Es erfordert in Rechtskurven eine seltsame Sitzposition. Links empfinde ich es einfacher.
Die Aussagen, Kurvenradien zu verändern funktioniert hervorragend.

Das steht, glaube ich, außer Frage.

Ich persönlich habe halt meine Schwierigkeiten, Hangoff zu praktizieren. Normale Sitzposition geht.
(Ohne Bewertung, bitte.)

Daumenbremse ist eine Möglichkeit. Zumindest theoretisch, denn auf unseren Straßenmaschinen ist die Linke ja schon ziemlich voll. — Wo macht ihr das da hin?
 
Probiert mal eine Kreisfahrt. Bei ordentliche Schräglage geht ihr dann einfach mal vom Gas. Damit simulieren wird dass die Kurve sich gerade zuzieht und wir definitiv nicht schneller werden wollen. Resultat ist, die Maschine wandert nach außen, sie untersteuert.
Jetzt machen wir das gleiche noch mal, nur gehen wir nicht nur vom Gas, sondern betätigen dabei auch die Hinterradbremse. Plötzlich trägt es uns nicht mehr nach außen, sondern wir können im Gegenzug die Kurve wesentlich enger fahren. Eignet sich hervorragend bei Hundskurven.

Ich Blick das nicht... Wo ist der Unterschied zwischen motorbremse und fussbremse? Das Hinterrad wird verzögert... Wo soll da einmal untersteuern einmal übersteuern herkommen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Puhhh, jetzt müsste ich ja das Lehrbuch Physik des Motorrad es finden. Bin aber zu faul es zu suchen.

Grob liegt der Hund in den unterschiedlichen wirkenden Momenten begraben. Und der Richtung in der sie wirken.

Bei der Motorbremse wirkt das Bremsmoment vom Motor über die Kette auf das Rad. Aber in der Drehbewegung des Rades. Das Rad will aber Kraft seiner Kreiselkräfte die Richtung beibehalten in der es sich bewegt. Und diese Richtung ist tangential aus der Kreisbahn raus. Beim aktiven Kurvenfahren gleicht man das instinktiv mit einem ständigen Lenkimpuls aus. Wenn man jetzt Gas wegnimmt resultiert das im "weit gehen".

Wenn aber mit der Bremse gearbeitet wird, dann wirkt genau entgegengesetzt eine Kraft und damit ein Moment (da die Bremse aussermittig wirkt) gegen die selbsstabilisierenden Kreiselkräfte des drehenden Rades, ergo das Moped fällt in die Kurve.
Im vollständigen Kraft-/Momentdiagram zeigt sich, daß das Ganze umso stärker wirkt, je größer die Schräglage ist, da die aussermittige Reifenaufstandsfläche eine elementare Einflussgröße darstellt.

So im Groben.

RR-Racer
 
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2:0 für die S1000RR,
1. teilintegrales ABS Bremssystem,
hinten bremst immer automatisch im optimalen Verhältnis mit
2. DDC wirkt gegen das starke Eintauchen vorne beim Bremsen.

Früher, mit der ZX12R habe ich auch leicht mit der Hinterradbremse mitgebremst,
dann mit der BMW völlig abgewöhnt, nur noch mit Hand gebremst.
Jetzt mit der Tuono versuche ich mit Motorbremse und Handbremse auszukommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Puhhh, jetzt müsste ich ja das Lehrbuch Physik des Motorrad es finden. Bin aber zu faul es zu suchen.

Grob liegt der Hund in den unterschiedlichen wirkenden Momenten begraben. Und der Richtung in der sie wirken.

Bei der Motorbremse wirkt das Bremsmoment vom Motor über die Kette auf das Rad. Aber in der Drehbewegung des Rades. Das Rad will aber Kraft seiner Kreiselkräfte die Richtung beibehalten in der es sich bewegt. Und diese Richtung ist tangential aus der Kreisbahn raus. Beim aktiven Kurvenfahren gleicht man das instinktiv mit einem ständigen Lenkimpuls aus. Wenn man jetzt Gas wegnimmt resultiert das im "weit gehen".

Wenn aber mit der Bremse gearbeitet wird, dann wirkt genau entgegengesetzt eine Kraft und damit ein Moment (da die Bremse aussermittig wirkt) gegen die selbsstabilisierenden Kreiselkräfte des drehenden Rades, ergo das Moped fällt in die Kurve.
Im vollständigen Kraft-/Momentdiagram zeigt sich, daß das Ganze umso stärker wirkt, je größer die Schräglage ist, da die aussermittige Reifenaufstandsfläche eine elementare Einflussgröße darstellt.

So im Groben.

RR-Racer


Hmm... Also ich kann der Erklärung nicht folgen.

Es ist doch wurscht ob ich mit motorbremse oder bremse eine Verzögerung einleite...
Wenn das mit der aussermittigen Bremse stimmen würde... Dann musste bei linkskurven zb. die motorbremse ein besseres einlenken bewirken und bei Rechtskurven die HRBremse... Kann ich nicht nachvollziehen. Und was ist dann bei einarmschwingen?

Nein verstehe ich nicht.

Verzögerung übers Hinterrad verbessert das einlenken... Verstehe ich. Aber ein bremse positiv eine negativ kann ich nicht nachvollziehen.
 
Hmm... Also ich kann der Erklärung nicht folgen.

Es ist doch wurscht ob ich mit motorbremse oder bremse eine Verzögerung einleite...
Wenn das mit der aussermittigen Bremse stimmen würde... Dann musste bei linkskurven zb. die motorbremse ein besseres einlenken bewirken und bei Rechtskurven die HRBremse... Kann ich nicht nachvollziehen. Und was ist dann bei einarmschwingen?

Nein verstehe ich nicht.

Verzögerung übers Hinterrad verbessert das einlenken... Verstehe ich. Aber ein bremse positiv eine negativ kann ich nicht nachvollziehen.
Dann schlag im Physik Lehrbuch nach. Das was rr racer schreibt ist absolut richtig.
Die negativ Beschleunigung der Bremse wirkt entgegen der Beschleunigung des Rades in negativer Richtung.
Das Bremsmoment entsteht am Rad.
Die negativ Beschleunigung des Motors wirkt entgegen der Beschleunigung des Rades in gleicher (=positiver) Richtung.
Das Bremsmoment entsteht am Motor.

Wirkrichtungen sind bei Fliehkräften nicht zu vernachlässigen. Wenn man ein Rad mit Vorwärtsdrall von sich weg beschleunigt wird es ja auch in eine andere Richtung laufen als wenn man es mit Rückwärtsdrall antreibt.
 
Der Gedankenknoten entsteht durch die Vermischung von zwei unterschiedlichen Kapiteln im Physikbuch

@wizzard, du versuchst die die Effekte durch die Geometrieveränderung beim Bremsen am HR zu erschließen, also der Themenbereich Heck setzt sich, Nachlauf wird größer, usw. Also wirkende Kräfte in Längsrichtung des Fahrzeugs
Das ist beim Bremsen in Schräglage jedoch zu vernachlässigen.

Der Lenkeffekt entsteht durch in unterschiedlich wirkenden Drehmomente am Rad selbst. Kraft * Hebelarm ist hier zu übersetzen in Reibkraft Bremsbelag * Abstand zur Radachse. Dieses Drehmoment ist das auslösende Moment. Ob die Bremsscheibe rechts oder links am Rad sitzt ist ebenfalls unerheblich, da es nur um Momente geht, die in Richtung des Radradiuses wirken.
Durch die Motorbremse entsteht ein solches Moment nicht am Rad selbst, sondern am Motor und somit hat das keine lenkende Wirkung.

Zwei unterschiedliche Kapitel.

RR-Racer
 
Dann schlag im Physik Lehrbuch nach. Das was rr racer schreibt ist absolut richtig.
Die negativ Beschleunigung der Bremse wirkt entgegen der Beschleunigung des Rades in negativer Richtung.
Das Bremsmoment entsteht am Rad.
Die negativ Beschleunigung des Motors wirkt entgegen der Beschleunigung des Rades in gleicher (=positiver) Richtung.
Das Bremsmoment entsteht am Motor.

Wirkrichtungen sind bei Fliehkräften nicht zu vernachlässigen. Wenn man ein Rad mit Vorwärtsdrall von sich weg beschleunigt wird es ja auch in eine andere Richtung laufen als wenn man es mit Rückwärtsdrall antreibt.

Ich glaube euch ja das es so ist nur kann ich es nicht nachvollziehen.

Und recherchiert habe ich schon😁

Da muss doch ein Video(auch englisch) oder ne Skizze zu geben...

Was ich mir latent vorstellen kann ist das es mit dem schwingendrehpunkt zusammenhängt... Aber auch da fehlt mir die endgültige Erkenntnis.

Evtl hat ja jemand noch nen link... Ne Skizze etc....

Danke euch


Die Bücher hab ich zur Verfügung :

Screenshot_20190704_081914_com.android.gallery3d.jpg
 
Hmpfff... das wurde in LK Physik nie behandelt. 😳

Mit @RR-Racer und @Tomtomsen scheinen hier auch echte Cracks am Start zu sein. 👍 Also ich MÖCHTE ja glauben, aber so ganz bin ich noch nicht dabei.

- Wir haben am Hinterrad eine gleichförmige Bewegung. Die verzögere ich jetzt indem ich das Gas wegnehme. Die effektive Verzögerung am Rad entsteht durch Zugkräfte am unteren Kettenstrang. Das Rad wird gebremst.
Physikalisch scheint mir das exakt das gleiche zu sein als wenn da eine Bremse wäre. Die Kraft wirkt ja auch aussermittig.

Die Umdrehung des Rades und damit die Kreiselkräfte werden von sagen wir mal 100r/min auf 80r/min verringert. Ob das jetzt per Bremse oder per Kettenblatt passiert ist ja erstmal wurscht.

Was natürlich anders ist, die Abstützung findet bei der Bremse an der Schwinge statt, die andere im Motor selbst. Ich glaube DA ist der Hund begraben.

Und wenn ich das jetzt alles glaube, dann bleibt für mich die Frage wieso ich beim Bremsen in der Kurve mit der Vorderradbremse das berühmte Aufstellmoment habe und nicht auch in die Kurve hineinfalle.😳
 
Sehr interessantes Thema.
Man kann jedoch auch intuitiv Motorrad fahren und Spass haben.
Wenn ich vor jeder Kurve erst anfangen muss alle Parameter zu bedenken, liege ich schon im Dreck.

Gute Fahrt Stephan
Es geht ja erstmal nur um das Verständnis zu diesem Thema, deshalb auch meine Threaderöffnung :). Wenn man das mal im trockenen verinnerlicht hat, kann man das praktisch einsetzen und irgendwann ganz unterbewusst damit umgehen. Das soll ja Ziel dessen sein, sich mit solcher Materie zu beschäftigen.

aus nem Italobikes-Beitrag geklaut: In Schräglage wandert die Aufstandsfläche des Reifens von der Reifenmitte nach innen. Dieser Effekt ist bei einem breiteren Reifen (also z. B. bei dem Hinterreifen) größer als bei einem dünnen Reifen und führt dazu, dass man eine größere Schräglage braucht als z. B. bei einem Fahrrad. Beim Bremsen führt das Auswandern der Aufstandsfläche zusätzlich zu einem Moment um die vertikale Achse. Beim Hinterrad wird dieses Moment von der Schwinge aufgenommen, beim Vorderrad ist die vertikale Achse aber die Lenkachse und das Bremsen wirkt, als wenn du am inneren Lenkergriff ziehst. In Verbindung mit den Kreiselkräften führt das zum Aufrichten des Motorrads. Du musst also entsprechend kräftig gegendrücken.

Greets
 
Sehr interessantes Thema.
Man kann jedoch auch intuitiv Motorrad fahren und Spass haben.
Wenn ich vor jeder Kurve erst anfangen muss alle Parameter zu bedenken, liege ich schon im Dreck.

Gute Fahrt Stephan

Es ist doch aber mit lenkimpuls und Verteilung der radlast beim bremsen das gleiche... Man merkt das, wenn man Den Lenker drückt was passiert... Zu wissen warum ist da schon noch zusätzlich hilfreich ab und an.
 
Es ist doch aber mit lenkimpuls und Verteilung der radlast beim bremsen das gleiche... Man merkt das, wenn man Den Lenker drückt was passiert... Zu wissen warum ist da schon noch zusätzlich hilfreich ab und an.
Generell bin ich bei euch.
Nur wie häufig auch bei anderen Themen, wird hier LS und RS durcheinander geworfen.
Wie Kurvenradien auf der Straße und auf der Rennstrecke variiert werden, sind schon deutliche Unterschiede.
Das hier die Theorie dem einen oder anderen nähergebracht wird, begrüße ich.

Ich bin halt oldschool.
Habe lieber learning by doing.
Egal ob LS oder RS.

Gruß Stephan
 
Ok, jetzt wird's komplexer. Weil 3dimensional.

Screenshot_20190704-211551~2.png

LS oder RS macht definitiv keinen Unterschied. Physik ist der Ort egal an dem sie wirkt.
Dieses Bild aus einem Artikel von Ruprecht Müller (ADAC Fahrzeugtechnik, Praxistips zum Bremsen mit dem Motorrad) zeigt es auf.

Es ist physikalisch keine simple Logik im Sinne von "da drücken, hier Effekt"

Das Wirken der Bremse passiert in Längsrichtung des Motorrades. Dieses Moment überträgt sich (anders gäbe es keine Wirkung) auf den Punkt an dem der Reifen die Straße berührt.
Der kleine rote Strich ist der Hebelarm aus der Formel DREHMOMENENT = KRAFT X HEBELARM. Bei der dargestellten Linksschräglage führt das dazu, dass das Rad einen Impuls bekommt beim Bremsen, der es "eindrehen" lassen möchte.

Wider der Annahme, dass das Krad ja dann nach innen, also einen engeren Radius fahren müsste, richtet es sich auf. Das Zauberwort heißt Lenkimpuls. Macht jeder auf einem Zweirad, um überhaupt in Schräglage zu kommen.
LINKS am Lenker impulsartig ziehen = Moped biegt RECHTS ab.
Glaubt ihr nicht? Man nehme ein Vorderrad von einem Fahrrad, halte es an der Achse re/li mit beiden Händen, beschleunige es richtig schnell und versuche dann einmal das Rad in Rechtsschräglage zu bringen nur indem man es zur Seite neigt. Geht? Geht nicht. Durch die Kreiselkräfte stabilisiert sich das Rad selbst. Das ist der Grund warum ein Zweirad nicht umfällt, wenn es fährt.

Jetzt das Gleiche, wieder beschleunigtes Rad. Und jetzt mal LINKS an der Achse impulsartig ziehen. ZACK, kippt das Rad in seinem ganzen Durchmesser nach RECHTS.

Zauberei, ich weiß. Aber isso.

Im Endeffekt überträgt sich das Bremsen am Vorderrad als Impuls an der Längsachse, so dass das Moped sich aus der Schräglage aufrichtet. Und zwar um so stärker, je schräger man unterwegs ist.

Kurz, Bremsen am Vorderrad führt zu einem Impuls, der das Rad virtuell in die Senkrechte führt.

Ok. Soweit, so klar. Was passiert aber hinten.
Im Prinzip das gleiche.
Bremskraft führt zu Bremsmoment, wirkt an der Reifenaufstandsfläche aussermittig.
Und jetzt? Jetzt wedelt der Schwanz mit dem Hund 🕵️. Salopp formuliert.

Das Ganze wirkt wieder auf die Lenkachse. Immerhin die einzige drehbare Achse in dem Spiel. Über die Schwingenachse, die (90° zur Wirkrichtung selber unwirksam) den Impuls in den Rahmen einleitet, überträgt es sich bis zum Lenkkopf. Da der drehbar ist, wirkt das Ganze jetzt von hinten.
Beim Vorderrad wirkt der Hebelarm VOR der Lenkachse. Das Bremsen am HR wirkt hinter der Lenkachse.

Ergo, der an der Lenkachse angreifende Impuls wirkt genau entgegengesetzt.

Voilá, das Moped geht weiter in Schräglage auf einen engeren Radius.

Da fehlen jetzt noch ein paar Feinheiten. Und Unschärfen hat's auch. Aber im Groben ist es das.

RR-Racer
 
Zuletzt bearbeitet:
Da genau das eine elendige Turnerei ist, wurde die Daumenbremse erfunden. Ich selber beschränke die HRB auf den Anfang der Bremszone und auf so Streckenabschnitte wie im Bilster Berg oder in Zandvoort über die erste Düne, also da wo die Streckenführung das Abheben des VR begünstigt. Ansonsten lass ich die Wheelicontrol das machen.

Das ganze Leben ein einziger Kompromi
Da genau das eine elendige Turnerei ist, wurde die Daumenbremse erfunden. Ich selber beschränke die HRB auf den Anfang der Bremszone und auf so Streckenabschnitte wie im Bilster Berg oder in Zandvoort über die erste Düne, also da wo die Streckenführung das Abheben des VR begünstigt. Ansonsten lass ich die Wheelicontrol das machen.

Das ganze Leben ein einziger Kompromiss.

RR-Racer
Also ich glaub so richtig zum Einsatz kam die Daumenbremse erst durch" Quick Mick " nachdem er sein rechtes Bein in Assen fast verloren hätte und dadurch nicht mehr gescheit einsetzen konnte
 
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