Das Problem ist, dass viele den Einstellwert des Ventilspiels falsch interpretieren. Beispiel Auslassverntil: 0,20-0,25 mm. Wenn man jetzt das Ventilspiel bereits nach 10.000 km misst, dann kann man immer auch mal Ventile unter 0,20 mm finden. Das ist nicht ungewöhnlich und statistisch zu erwarten. Aber schon ist das Argument für ein vorgezogene Ventilspielkontrolle da. Darin liegt jedoch ein Denkfehler. Das ist eine Einstell-, aber keine Betriebstoleranz. Der Motor läuft mit 0,17mm nicht schlechter als mit 0,20 mm. Das Spiel wird benötigt, damit das Ventil beim Schließen sauber im Sitz anliegt und die Wärme abgeben kann.
D.h. das Spiel darf im Betreib niemals gegen Null laufen. Damit das nicht passiert gibt es eine Einstelltoleranz, die alle 20.000 km überprüft wird.
Oder anders gesagt: Ich würde mir erst Sorgen machen, wenn nach 10.000 km bereits die Hälfte der Sicherheitsmarge aufgebraucht wäre - sprich wenn gehäuft nur noch 0,10 mm Spiel am AV übrig wären. Ansonsten vertraue ich dem Entwickler des Verntiltriebs, der Validierung und der Felderfahrung.
Ich denke man sollte das Ventilspiel von 0,10 mm bis 0,15 mm am EInlass und 0,20 mm bis 0,25 mm am Auslass nicht falsch interpretieren. Das ist das Ventilspiel in kaltem Zustand. Das ist wirklich nur ein Prüfwert, weil warm würde es lauter verbrannte Finger geben und man müsste doch ein echt schneller Schrauber sein.
Natürlich läuft der Motor auch mit 0,17 mm am Auslass. Aber ich denke niemand hier im Forum weiß wie sich das Spiel im warmen Zustand verhält bzw. ändert. Für gewöhnlich werden die Ventile doch etwas wärmer als der Zylinderkopf. Stahl hat aber ggü. eine Aluminium einen geringeren Wärmeausdehnungskoeffizienten. Also was nun... hohe Temperatur und geringer Wärmedehnung vs. geringere Temperatur und höhere Wärmedehnung?
Bei Ventilen ist es relativ schwer konstruktiv etwas gegen eine Wärmeausdehnung zu unternehmen da die Form als Stab da wenig gestalterischen Spielraum lässt. Der Zylinderkopf bietet da schon deutlich mehr Spielraum. Durch Versteifungen und Wandstärkenoptimierungen lassen sich diese Wärmedehnungen sicher besser gestalterisch kontrollieren. By the way, eine zu starke Wärmeausdehnung des Zylinderkopfes senkrecht zur Zylinderachse wäre höchst sträflich, da sofort die Kopfdichtung darunter leiden würde.
Somit ist ein kaltes minimal-Ventilspiel von 0,20 mm am Auslass sicher gerechtfertigt. Felderfahrung und Erprobung von Aprilia werden diese Werte sicher belegen. Aus diesem Grund macht es an dieser Stelle hier keinen Sinn das minimale Ventilspiel zu diskutieren, wenngleich, wie Roku sagt, der Motor auch mit 0,17 mm laufen würden. Dann nimmt aber die Sicherheit gegen zu geringes Ventilspiel ab.
Nach meiner Meinung ist es nicht falsch bei 10.000 km das Ventilspiel prüfen zu lassen. Dass sie dann nochmal bei 20.000 km zur Kontrolle ist Vorgabe durch Aprilia. Der nächste Prüfzeitpunkt wird sich dadurch nicht auf 30.000 km erhöhen. Was man selbst aus freien Stücken kontrollieren lässt ist Aprilia herzlich egal. Mal angenommen in der Entwicklung der Motoren wird eine Ventilspieländerung zwischen 15.000 und 17.000 km beobachtet, dann wäre es halt nicht dumm bei 20.000 nochmal zu prüfen. Das Prüfen bei 10.000 war dann halt fürs eigene Gewissen.
Ich werde meine entweder Mitte nächster Saison bei ca. 10.000 km oder zum Ende der Saison bei ca. 13.000 km prüfen lassen (RSV4 1100 Factory).
Dann nochmal zu dem relativ eng tolerierten Ventilspielbereich. Der kleinere Wert ist dem sicheren Schließen der Ventil geschuldet und der größere der maximalen Aufsetzgeschwindigkeit des Nocken's auf die Ventilbetätigung und damit der Ventilbeschleunigung und mechanischen Beanspruchung.
Subjektive Herangehensweise an Technik kann man machen, tu ich ja auch mit diversen Zubehörteilen fürs Auge und Herz, muss man aber nicht. Die nüchterne und objektive Betrachtungsweise ist häufig die bessere. Und meine ganz persönliche Meinung bzgl. Ventilspiel ... "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser". In diesem Sinne, locker bleiben.
Beste Grüße
Daniel