Also nicht meiner, ich war aber wohl auch mal in dem Auto.
Mein alter Herr hatte in jungen Jahren auch erheblich Bewegungsdrang. Frei nach dem Motto: "FĂ€hrst du quer, siehst du mehr!".
Jedenfalls gab es da im April 70 ĂŒberfrierende Luftfeuchtigkeit im Wald auf einer Lichtung, just in dem Moment, als er bei 130 den vierten Gang einkuppelte.
200m hat er es noch geschafft den kleinen BMW, der damals 11 Monate alt war, auf der StraĂe zu halten, bevor es in die Botanik ging.
Weil er nicht angeschnallt war, ging er durch die Windschutzscheibe, weil er sich aber auch schon einen Wohlstandsranzen zugelegt hatte, blieb er auf der Beifahrerseite stecken.
So fand man ihn dann etwa eine 1/4h spĂ€ter und brachte ihn unverzĂŒglich in Kreiskrankenhaus. Man vermutete heftige innere Verletzungen, seine Speckschicht hatte das allerdings alles weggesteckt und auĂer blauen Flecken gab es nichts.
Auch damals schon ĂŒblich, nahm man in so einem Fall eine Blutprobe.
Und das fĂŒhrte dann letztlich dazu, dass ihm ein Artikel im lokalen KĂ€seblĂ€ttchen gewidmet wurde.
Da ein Wert von 1,31 Promille festgestellt wurde, kam es zu einer Gerichtsverhandlung. In dieser konnte er erfolgreich den Zweifel streuen, dass bei seinem "Notfall" seine Probe versehentlich in ein zuvor mit Alkohol desinfiziertes Reagenzglas abgefĂŒllt worden sein könnte. Im Anschluss an die Gerichtsverhandlung bekam er jedenfalls seinen Schein wieder.
Die Promillegrenze lag damals ĂŒbrigens bei 1,5. Die wurde erst 1973 auf 0,8 reduziert.
Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf LandstraĂen auf 100kmh gibt es erst seit dem 1.10.1972. Zuvor durfte man mit seinem KĂ€fer so schnell rasen, wie man wollte (konnte).
Jetzt könnte man meinen, damit sei die Geschichte zu Ende, aber nein. Bei der Versicherung meldete er aufgrund vorhandener Teil- und fehlender Vollkasko einen Glasschaden. In dem Kostenvoranschlag war alles drin, was nur im Entferntesten an Glas erinnerte. Auch das Glas des Tachos. In Verbindung mit den veranschlagten Einbaukosten kam eine Summe in Höhe eines 1/3 des Fahrzeugneupreises zustande.
Die Versicherung wollte allerdings nicht zahlen. Mit der BegrĂŒndung, er sei alkoholisiert verunfallt und da wĂ€ren sie raus.
Auf den freundlichen Hinweis, dass mittlerweile ein Gerichtsurteil ergangen wĂ€re, welches mit Freispruch fĂŒr meinen alten Herrn endete, erwiderte der Versicherungsmann weltmĂ€nnisch, dass es fĂŒr ihn nicht erheblich sei, was "so ein kleiner Provinzrichter" entscheidet.
Mein Vater behauptete daraufhin, er wĂŒrde das GesprĂ€ch aufzeichnen und sein Kollege hĂ€tte am Zweitapparat mitgehört und er sei jetzt gespannt, "was der kleine Provinzrichter" dazu sagen wĂŒrde. Dann legte er gruĂlos auf.
Am nĂ€chsten Morgen um 6:00 war ein Eilbote an der TĂŒr und brachte einen Batzen Bargeld.
Ich glaube, so etwas geht heutzutage alles nicht mehr.
