So Leute, ich versuche mal das letzte Wochenende mit der Tuono 19 SAS zusammen zu fassen.
Vince, der kleine verschmitzte Ex-Engländer hat mir angeboten, dass ich seinen Vorführer bei trockenem Wetter einfahren darf um mir mal ein Bild von dem Motorrad zu machen.
Bedingung: ein vernünftiges, ehrliches Feedback.
Zu dem Motorrad selber, seinem Motor und der Geometrie muss man ja nicht mehr viel schreiben, meiner Meinung nach derzeit das beste Konzept für sportliche Tourenfahrer und Heizer auf dem Markt. Punkt!
Freitag. Die erste Begegnung.
Morgens sagt der Wetterbericht: 19°C, windstill,
Terminkalender: gähnende Leere ( hat ganz schön Mühe gekostet
)
Also um 9:00:00 Uhr zum Vince mit dem Hänger das Motorrad abholen. Tür auf, Vince nicht da.
Dafür musste Marius dann bluten und mir das neue Fahrwerk und seine Einstellmöglichkeiten erklären.
Moped auf den Hänger, ab nach Hause, Bremshebel, Kupplungshebel ausgerichtet, Schalthebel justiert, vollgetankt und dann erstmal in das Fahrwerksmenü und auf Komfort eingestellt. Stufe 3.
Da Schnegge auch ihr Moped einfahren musste, sind wir von Zuhause (linker Niederrhein, 3 Kurven im Umkreis von 50km) los Richtung Bergisches Land um die Tuonos sauber, auf kleinen Strassen einzufahren. Beim Losfahren nach 4 Monaten Entzug etwas steif und gefühllos, aber wir haben ja Zeit.
Wer die Gegend kennt weiss, dass wir auf diesem Weg durch die Werstener Tunnel auf der A46 fahren müssen. Belag glatt, aber sehr sehr wellig. Man denkt nicht drüber nach, aber ich war verwundert, wie Schnegge da so vor mir auf und ab hüpfte, obwohl das Fahrwerk von ihr auf weich gestellt wurde. Sprich z.bsp. Gabel 22 Druck, 18 Zugstufe bei 60kg. Bei mir wurde alles glatt gebügelt und das total unauffällig. Na dachte ich mir, das wird dann aber eine Eierei auf den kleinen, unebenen Strassen. Nix da. Mit jedem Kilometer Landstrasse wurde ich wärmer und das Motorrad fuhr gefühlt immer williger und samtweich durch jedes Geläuf. Selbst sehr starke Aufbrüche von dem Winter wurden ohne grosse Unruhe im Fahrwerk sahnemässig weggebügelt. Mit jedem Kilometer mehr kam bei mir der Wunsch auf, auf dem Rückweg bei der Bank vorbeizufahren und dem Vince meine 17er einfach dazulassen.
Beim ersten tanken habe ich das Fahrwerk auf Stufe 2, sportlich, gestellt und dachte mir, was soll hier noch besser werden, wird jetzt bestimmt bockhart, zielgenauer aber eben supersportlermässig unruhiger durchs Geläuf. Nö, was jetzt kam hat mir gezeigt, dass dieses Fahrwerk nochmals eine ganze Evolutionstufe für den super sportlichen Landstrassenjäger ist. Einfach überwältigend wie die Tuono jetzt zielgenau, mega gutmütig in jeder Schräglage durch alle Kurvenradien zirkelt. Da Schnegge ein paar Probleme mit den Fahrwerkseinstellungen an ihrem Moped hatte haben wir mal getauscht.
Zwei neue Motorräder, 18er und 19er, beide unter 200km auf der Uhr, also völlig vergleichbar. Hier merkt man jetzt den Unterschied extrem. Selbst auf Stufe 2 fährt die 19er besser.
Samstag: Fröhliches Frieren.
Da wir für Schnegges Moped die 1000km weg haben wollten sind wir bei 10°C los, im Bergischen waren es dann tolle 2°C. War also nicht repräsentativ gerade in Verbindung mit den Supercorsas. Fahrwerk auf 3, und gaaaaanz vorsichtig durch die Kurven. Fazit: die Supercorsas harmonieren sowas von mit dem Fahrwerk, natürlich war hartes Gasen nicht möglich, Stichpunkt einfahren.
Abends nach Hause und das Motorrad für Vince wieder sauber gemacht.
Sonntag: entgegen der Wetterprognose doch Sonnenschein. Uns hielt nichts, aber auch garnichts mehr. 11 Uhr ab ins Bergische Land, 9-11°C war trotz Sonne die Höchsttemperatur.
Ich habe mir da vorgenommen das Fahrwerk mal ein wenig mehr auf mich zu justieren und konnte hier noch mehr Potential finden.
Zu den Einstellmöglichkeiten:
Es gibt drei Vorgaben Stufe 1, 2, 3, wobei 3 sehr komfortabel ist und wirklich GS-mässig alles glatt bügelt. Stufe 2 ist meins, sportlich, zielgenau und durch die Elektronik auch unauffällig komfortabel. Man merkt nicht, wie es arbeitet, wundert sich nur an manchen Stellen, was da geht oder auch, nach dem Motto, da war doch voriges Jahr eine böse Bodenwelle. Irgendwie alles weg und trotzdem Megafeedback beim Fahren.
Dann gibt es drei weitere Vorgaben basierend auf 1, 2, und 3 bei denen man jetzt manuell die einzelnen Stufen verändern kann. Bilder habe ich von Manuell 2 und 3 angehängt. Schön ist hier, dass man die Werksvorgaben sehen kann und sich daran orientieren kann. Hilft ungemein, wenn man sich mal verrannt hat. Reset oder manuell zurück auf ältere Einstellungen ist jetzt leichter zu finden und man ist weniger verunsichert.
Die Funktion Antidive habe ich nicht ausprobiert.
Man sollte auch anmerken, dass es zumindest an der Gabel mehr Zwischenstufen gibt als an der mechanischen Gabel der 17er. Hier sind meines Wissens 22 Klicks Druckstufe, an der SAS 28 Stufen möglich. So kann man das Teil theoretisch noch feiner auf sich abstimmen.
Fazit: Ich bin bisher jede Menge verschiedene Motorräder gefahren. Aber m. E. ist die Tuono 2019 SAS die derzeitige Speerspitze was im Bezug auf Fahrwerk und Adaption auf die Landstrasse überhaupt zu finden ist. Das ist DIE ultimative Allzweckwaffe. Irgendwie bin ich froh, dass dies nicht mein Moped war und Schnegge dabei war und mich was zurückgehalten hat. Von der Elektronik ist nicht, aber auch garnichts zu merken, unauffällig, vertrauensbildend und für charakterlich nicht verfestigte die totale Versuchung.
Ich würde mir wünschen, das die Verstellung der Fahrwerksvorwahl auch beim Fahren erlaubt wäre. Man muss aber stehen bleiben und mit dem Minijoystick ist es mit Handschuhen echt fummelig.