Ich hatte neulich endlich die Gelegenheit, die Ducati Streetfighter V4S meines Kumpels mal zu fahren. Es handelt sich aber noch um die Euro 4 Version.
Im ersten Moment wirkt das Bike gegen die Tuono sehr groß und erwachsen. Das Dashboard ist natürlich Weltklasse, ebenso die Bedienung. Die Schalter funktionieren satt und präzise, nicht so ein billiger Spielkram, wie an der Euro 4 Aprilia. Die Sitzposition und der Kniewinkel ist sehr entspannt und bequem.
Das ist mit meiner 2017´er Tuono aber auch aufgrund meines flacheren Lenkers und der Lightech Rastenanlage nicht (mehr) vergleichbar.
Der Motor der V4S läuft sehr sahnig, spricht sauber an und hat in allen Lebenslagen Druck. Oben geht dann noch mal ordentlich die Post ab, allerdings alles trotzdem sehr geschmeidig und unaufgeregt, so dass man trotz Racingmode überhaupt nicht merkt, wie das eigentlich voran schiebt, bis man auf den Tacho schaut... So ähnlich ging es mir bei der Tuono am Anfang aber auch. Getriebe und Schaltassi arbeiten genial, butterweich flutschen die Gänge durch - spitze.
Das elektronische Fahrwerk ist auf der Straße endgeil. Jede noch so kleine Fahrbahnunebenheit wird sauber weggedämpft, man kann gnadenlos über Gullydeckel, Unebenheiten etc. fahren, ohne davon wirklich etwas zu spüren. Dabei hat man jedoch stets das Gefühl regelrecht am Asphalt zu kleben. Sobald man den Hahn etwas spannt, wird es direkt dynamischer, straffer, aber alles total unauffällig (gefahren auch hier im Racemode).
Was überhaupt nicht geht, ist die Lautstärke!
Das Ding erzeugt schon im Stand einen derart immensen Schalldruck, dass es weh tut. Es ist bei dem Ding auch egal ob du stehst, langsam fährst, oder Attacke machst (egal bei welcher Drehzahl), das Teil hämmert einem schon nach 15 min. die Birne weich. Ohne Stöpsel könnte ich die nicht fahren. An der Ampel ein paar Worte wechseln ist schier unmöglich.
Nachdem wir dann wieder gewechselt haben, fühlte ich mich allerdings gleich wieder wie zu Hause. Lärm nur noch bei Gas richtig auf. Sitzposition unbequemer (aufgrund der bei mir veränderten Ergonomie), aber alles irgendwie direkter und gewohnter. Motor gefühlt aggressiver, bzw. emotionaler (Mapping von Johann). Ich komme ja ursprünglich von Ducati und hätte nie gedacht, dass ich eine Aprilia im Vergleich zu einer Ducati als emotionaler beschreiben würde. Allerdings bin ich bis dahin auch nur Ducati V2 gefahren.
Bei der SF V4 Euro 5 soll das Mapping ja noch einmal besser geworden sein und die SF ist ja auch bzgl. Leistung elektronisch sehr kastriert. Die volle Leistung ließe sich vermutlich sowieso in dem Bereich nicht umsetzen. Im Vergleich zieht einem die V4S natürlich oben irgendwann leicht weg, in der Praxis hat man aber leistungsmäßig keinen Nachteil mit der Tuono, muss aber tendenziell höher drehen um dranzubleiben.
Das SAS der Aprilia bin ich noch nicht gefahren, insofern ist das bzgl. Fahrwerk Äpfel mit Birnen. Ich bin aber mit meinem Fahrwerk grundsätzlich sehr zufrieden, allerdings ist es momentan einfach zu hart eingestellt, da ich nach den letzten Trackdays zu faul war, wieder korrekt für die Straße einzustellen.
Optisch ist die SF V4 natürlich ein absoluter Leckerbissen. Alles ist sehr hochwertig und auf einem ganz anderen Niveau. Bis auf ein paar schwarze Plastilkteile wirkt es nicht so billig wie bei der Aprilia (ist es ja auch nicht
) und insgesamt funktionaler.
Ich freue mich jedenfalls schon darauf, dem Teil in 2022 bei gutem, warmem Wetter mal etwas mehr auf den Zahn zu fühlen.
Bisher ist die Tuono für mich immer noch der perfekte Zwitter für Straße und Racetrack.
