Moinsen,
jeder kann für sich entscheiden, was er wie macht. Aber wenn man sich für so ein High-End-Motorrad entscheidet, sollte einem klar sein, dass der Unterhalt und die Wartung auch High-End sind.
Und die Garantievorschriften zwingen dich halt regelmäßig in die Werkstatt. So sorgt der Hersteller einmal für Umsatz bei seinen Vertragshändlern, er stellt damit aber auch sicher, dass die Maschine ordentlich gewartet wird, die Updates umgesetzt werden und es so weniger Probleme gibt. Wenn man ein Neumotorrad der aktuellen Zeit kauft, entscheidet man sich mehr oder weniger automatisch für diesen Weg, oder man verzichtet auf die Werkstattbesuche und läßt damit die Garantie verfallen. Früher war das ein überschaubares Risiko, heutzutage kann das bei der Komplezität der Fahrzeuge ganz schön teuer werden.
Früher, als ich noch Neumaschinen gekauft habe, habe ich nur die erste Inspektion bei dem Händler machen lassen, danach habe ich die Maschinen selbst gewartet. Aber damals gab es noch Unterbrecherkontakte und Vergaser. Die letzten beiden Neumaschinen hatten zwar schon Einspritzung, aber das war noch die Zeit vor ABS und der ganzen heute üblichen Elektronik. Und ich bin gelernter KFZ-Mechaniker, also vom Fach. Aber bei einer RSV4, Panigale oder ähnlichem bin ich ohne Schulung, Spezialwerkzeuge und passende Diagnosegeräte mit meinem Latein am Ende. Also habe ich zwei Möglichkeiten: 1. Kaufen und beim Vertragshändler arbeiten lassen oder 2. nicht kaufen. Die Entscheidung fällt in meinen Augen mit dem Kauf. Eine Alternative könnte ein freier Händler sein. Der hat vermutlich einen etwas geringeren Stundensatz, aber hat er alle auf das Fahrzeug zugeschnittenen Gerätschaften? Und wenn ein Mechaniker den ganzen Tag nur an Aprilias schraubt, dann weiß er mit zuen Augen, wo welche Schraube sitzt. Alleine wegen der Routine wird er schneller arbeiten können, als jemand, der immer erst suchen muss, wo sitzt denn das, wo finde ich jenes? Schnelleres Schrauben bedeutet weniger Arbeitszeit, die bezahlt werden muss. Wenn ein freier Händler eine halbe Stunde lang was sucht, und sei es nur den richtigen Wert im Werkstatthandbuch wird er dir auch diese halbe Stunde berechnen. Und der Aprilia-Mechaniker kennt die versteckten Schwachstellen. Wenn du bei den letzten zehn Maschinen dreimal die gleiche lose Schraube gehabt hast, dann kontrollierst du die automatisch bei allen Maschinen, die du in die Finger bekommst. Diese lose Schraube kennt der freie Händler aber ggf. nicht, weil er nur selten so eine Aprilia in den Fingern hat. Dann gibt es versteckte Rückrufe, wo der Vertragshändler so ganz nebenbei Kleinigkeiten behebt, von denen der freie Händler gar nix weiß. Da kann es schon sinnvoll sein, beim Vertragshändler etwas mehr zu zahlen.
Manches gilt selbstverständlich nicht, wenn der freie Händler gerade auf diese Maschine spezialisiert ist. Und es gibt auch Vertragshändler, die nicht gut arbeiten. Nicht jeder Aprilia-Händler ist wirklich einer V4 gewachsen.
Das heutiges System und die Gegebenheiten sich aber schon so ausgelegt und gewollt, dass du mit so einer V4 beim Vertragshändler in der Regel gut bedient bist. Aber wenn man, so wie ich, mehrere Motorräder besitzt und so pro Motorrad nur wenige Kilometer im Jahr fährt, paßt das System nicht mehr. Ich will nicht alle 1.500 km eine komplette Jahresinspektion bezahlen, also kaufe ich keine Neumaschine mehr. Aber wer ein High-End-Motorrad neu kauft, sollte von Anfang an bedenken, dass das entsprechende Kosten nach sich zieht. Darum bleibe ich bei meinen V2-Aprilias, die Garage ist eh voll. Aber eine V4 wäre schon geil, ist für mich mit der geringen Laufleistung aber wirtschaftlich betrachtet Unfug.