Hi
@Hinleger,
bin die letzten Tage schwer beschäftigt und komme leider nicht zu einer ausführlichen Antwort, die du denke ich schon verdient hast. Denn auch wenn ich in einigen Punkten anderer Meinung bin, ist es die Bereitschaft zu reden, zu hinterfragen und sich zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen, die ich schätze und die unserer Gesellschaft zunehmend verloren geht.
Deswegen nur ein kurzer Abriss einige Kernpunkte.
Auf meine Kritik der Vereinfachung/Nicht-Darstellung der Komplexität hast du mit Verweis auf den Umfang deiner Posts geantwortet. Es ging mir aber nicht darum, dass du nicht ausreichend ausführlich deine Standpunkte dargestellt hast (natürlich alles meiner Meinung nach, wir sind hier denke ich eher bei Meinungen und Ansätzen als Fakten), sondern die zugrundeliegende Komplexität übergehst. Deine letzten Posts haben das schön offenbart, aber auch denke ich besser dargestellt, dass du dir dieser Komplexität durchaus bewusst bist: So schriebst du "Die besprochene Gruppe ist klar: Gläubige und kulturelle Moslems". Dann stellst du aber auch durchaus dar, dass dir solche Bekannt sind, die sich sehr gut integrieren. Mir ist bewusst, dass sich das nicht unbedingt widerspricht, und deine Ausführung erklärt das auch gut. Diese Erklärung der Komplexität hat mir aber in dem ursprünglichen Post gefehlt, wodurch das teilweise vereinfacht wirkte.
Kurze Zusammenfassung:
Ich denke wir sind uns einig, dass Integration Anstrengung braucht, beiderseitig, Offenheit und Investment, damit die Kulturen miteinander umgehen können. Ungesteuerte Einwanderung, bei der es völlig an Konzept und Kapazität für diese Anstrengung fehlt, ist ein Problem, und das muss man lösen, wofür es vielschichtige Ansätze braucht.
Nicht einig, oder zumindest nicht mit deiner Darstellung hier, die zwangsweise eingeschänkt ist, bin ich bei anderen Punkten
- Die Fokussierung auf Moslems. Klar, sind der Hauptteil der Immigranten. Ich denke Moslems, auch Gläubige, praktizierende, können von den Extremen der Lehre Abstand nehmen und leben Werte, die auch gut zu unseren passen: Reinheit, Großzügigkeit, Selbstlosigkeit, Ordnung, Loyalität. Das sind, abstrahiert und vielleicht übersetzt, die Grundsäulen des Islam. Klar, es gibt extrem viele radikale Moslems, sozusagen Islamisten, das hat aber dann denke ich weniger mit dem Islam als Religion in Abgrenzung zu anderen Religionen zu tun, sondern mehr mit der Religion und Extremismus als Machtinstrument, im Kontext der kaum etablierten Staaten des Nahen Osten und Nordafrikas. Als der europäische Nationalismus noch nicht etabliert war, gingen Christen gerne Juden und Moslems gejagt und für alles mögliche beschuldigt, das war das Päpstliche Gebot... Dass die meisten problematischen Migranten Moslems sind, klar, dass der Grund für die Probleme im Islam liegt... nur mit vielen Sternchen.
- Der Verweis auf die "harte Hand". Hier wird gejammert über Vorschriften zu Plastikdeckeln und Maximalgeschwindigkeiten, aber Ausländern drückt man gerne mal was auf Kosten der Menschenrechte rein... Da muss kein Gleichgewicht herrschen, aber diese Extreme Lücke zwischen den Maßstäben für Migranten und Staatsbürgern, das hat für mich so was entmenschlichendes. Ich will mir nicht die VAE als Vorbild nehmen, und die auch nicht als Vorbild für den Deutschen staat wissen. Das fließt sehr schön über in meinen nächsten Punkt
- Des Staates erste Aufgabe ist es, die eigenen Bürger zu beschützen. Ja, d'accord. Das heißt aber nicht, dass der Schutz Verfolgter nicht den Staatsbürgern auch weh tun darf. Dass kostet, das erfordert Umstellung, das sollte erlaubt sein. Wie gesagt, kein Gleichgewicht, aber man darf den eigenen Staatsbürgern schon etwas abverlangen.
- Dieses ständige Beschweren über die Ampel. (Überall, unentwegt, aber auch hier und da bei dir). Als ob die Union nicht vorher 16 Jahre das Land regiert hätte. Klar, die machen jetzt auf dicke Hose, und haben erwiesenermaßen ja auch kein Problem, hier und da mal die Gesetze zu brechen, hust, Scheuer, hust, Amthor. Aber wenn sie an der Macht sind, kommt da auch kein großes Konzept, wie die Probleme der Welt zu lösen sind. Nur, wie man die Lösung so lange verschiebt, bis Merkel nicht mehr kann und die Enkel den Mist auslöffeln müssen.
Achso, und, ich denke, Zurückweisungen an der Grenze sind illegal. Das Recht auf Asyl gewährt eindeutig jedem, persönlich, das Recht auf eine individuelle Prüfung seines Asylgesuches. Solange du also keine Lösung hast, wie man das sofort machen kann (und deine Ausführungen tendieren klar Richtung: Nicht machen, lieber zu viel abweisen als zu wenig), ist eine Zurückweisung an den Grenzen ein Bruch dieses Rechts.
Ich fände es ja schön, wenn es mal ein europäisches System gäbe. Wo nicht mehr dieses schwachsinnige "wen du zuerst berührt hast, der muss dich aufnehmen" System hat, sondern gemeinsam da, wo es Sinn macht, die Leute unterbringt, menschenwürdig, die Anliegen prüft und dann ausweist oder aufnimmt - nach Quote (pro Staatsbürger? pro € BIP? kp!) verteilt in die ganze EU, mitgefangen mitgehangen. Und wer aufgenommen ist, darf arbeiten gehen, oder besser noch: Muss arbeiten gehen, wie Deutsche Langzeitarbeitlose, bei denen es irgendwann Sanktionen gibt. Mit klaren Abschiebungen, wer raus ist, ist raus. Kann doch nicht sein, dass wir über Fachkräftemangel und zu viele Leute jammern.
In der EU gibts 450 mio. Einwohner:innen, und 2022 900.000 Asylanträge. Bei 50% Anerkennungsquote macht das also ziemlich sauber 0,1% Zuwanderung im Jahr (2022 gabs überdurchschnittlich viele Anträge). Das sind 80.000 pro Jahr in Deutschland, statt der 125.000 die es tatsächlich 2022 waren. Das heißt bei einer Pro-Kopf-Verteilung in der EU gäbe es eine Reduktion der Immigranten in Deutschland von >33%. Ohne Änderung der Regeln für Asylanträge! Bei einer Verteilung nach Einkommen würde Deutschland immer noch ~10% weniger als aktuell aufnehmen.
Ist aber natürlich Gutmenschentum, bäh.
P.S: Ist doch ganz schön viel geworden, fast als wäre das wichtig oder so. Werde mich aber zukünftig mehr raushalten, habe gerade echt viel um die Ohren.